Säbelzahntiger gegen moderne Katze

Präzision trifft auf Kraft: Dänischer Forscher analysiert Evolutionsstrategien von Katzen anhand der Schädelanatomie
Die Gebissanatomie heutiger Katzen - gleich ob Großkatze oder Stubentiger - ist eher auf Kraft ausgelegt.
Die Gebissanatomie heutiger Katzen - gleich ob Großkatze oder Stubentiger - ist eher auf Kraft ausgelegt.
© Cornelia Dick-Pfaff
Kopenhagen (Dänemark) - Der gefräßigste Feind der Lasagne heißt vermutlich Garfield. Die Konsistenz des Nudelgerichtes wäre aber womöglich fast zu weich für das kräftige Gebiss der Katze von heute, schenkt man der Studie eines dänischen Zoologen Gehör. Dieser hatte sich ausführlich mit der Schädelanatomie moderner Katzen sowie ausgestorbener Säbelzahnkatzen beschäftigt. Schädel und Gebiss heutiger Katzen haben sich demnach im Laufe der Evolution in erster Linie dahingehend ausgeprägt, kraftvoll zuzubeißen und so die Beute zu erlegen. Die weiter entwickelten Säbelzahnkatzen hatten sich dagegen auf eine andere Jagdstrategie spezialisiert: Sie setzten eher darauf, ihren Kiefer sehr weit zu öffnen und mithilfe ihrer ausgeprägten Eckzähne sogar bei sehr viel größerer Beute präzise zuzubeißen und klaffende Wunden zu reißen.

"Die Evolution von Schädel- und Kieferform bei modernen Katzen wurde beeinflusst durch den Bedarf nach einem einheitlich kraftvollen Biss, unabhängig von der Körpergröße", schreibt Per Christiansen vom Zoologischen Museum der Universität Kopenhagen im Online-Journal "PLoS ONE". Währenddessen sei es bei Säbelzahnkatzen der selektive Druck für die effiziente Jagd mit überentwickelten oberen Eckzähnen bei großem Öffnungswinkel der Kiefer gewesen, der die Evolution der Form antrieb. "Die Bisskräfte waren zweitrangig und wurden stufenweise schwächer während der Evolution der Säbelzahnkatzen", so Christiansen. Bei seiner Untersuchung stellte er zudem fest, dass die Schädel des Nebelparders denen früher Säbelzahnkatzen ähneln und er sich mit der Zeit möglicherweise immer weiter spezialisiert und ebenfalls Säbelzähne entwickelt.

Keine heute lebende Katze - egal ob groß oder klein - besitzt derart hervorstechende Zahnmerkmale wie die ausgestorbenen Säbelzahnkatzen: gewaltige bis zu zwanzig Zentimeter lange Eckzähne. Die prähistorischen Raubtiere fügten ihrer Beute so vermutlich große, klaffende Wunden zu, die Nerven und Blutgefäße massiv verletzten und zum raschen wenn nicht sogar unmittelbaren Kollaps führten. Diese Strategie war vermutlich besonders für das schnelle Töten großer Beutetiere sehr effektiv. Allerdings reduzierte sie vermutlich auch die Zahl möglicher Beutespezies und die Säbelzahnkatzen liefen Gefahr, selbst auszusterben, falls sich die Gegebenheiten ihres Ökosystems zu sehr oder zu schnell veränderten. Extrem ausgeprägt waren Spezialisierung und Jagdstrategie, die auf Kosten eines kraftvollen Bisses erfolgten, allerdings erst bei den weiter entwickelten Säbelzahnkatzen.

Christiansen hatte anatomisch charakteristische Messpunkte analysiert - 22 am Schädel und 17 am Kiefer. Dazu untersuchte der Forscher nicht nur 424 Individuen von 24 unterschiedlichen noch lebenden Katzenarten, sondern auch 20 Schädel- und 25 Kieferknochen von neun ausgestorbenen Spezies. Er kombinierte neue Techniken für die Analyse morphologischer Form und Untersuchungen der Biomechanik, um daraus Evolutionshypothesen für die unterschiedlichen Gruppen zu formulieren. Garfield müsste sich angesichts seiner Ergebnisse wohl fragen, ob er als Säbelzahnkatze nicht doch besser dran wäre. Immerhin könnte er dann das Maul vermutlich noch weiter öffnen und mehr des köstlichen Nudelgerichts auf einmal hineinschaufeln. Da es nicht eben einen kräftigen Biss benötigt, um eine Lasagne zu konsumieren, dürfte als Erklärung für die Vorliebe Garfields eher seine Faulheit denn seine Anatomie herhalten.

PLoS ONE
Quelle: "Evolution of Skull and Mandible Shape in Cats (Carnivora: Felidae)", Per Christiansen; PLoS ONE (Vol. 3(7): e2807. doi:10.1371/journal.pone.0002807)


 

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