Rauchen: Nikotin erreicht das Hirn langsamer als vermutet

Positronen-Emissions-Tomographie zeigt: Bei abhängigen Rauchern verläuft die Ansammlung von Nikotin im Hirn sogar noch langsamer als bei nicht süchtigen Rauchern
Durham (USA) - Nikotin braucht offenbar deutlich länger als bislang gedacht, um seine volle Wirkung im Gehirn zu entfalten. Bisher waren Wissenschaftler davon ausgegangen, dass Nikotinmengen bei jedem inhalierten Zug innerhalb weniger Sekunden Spitzenwerte im Gehirn erreichen. Tatsächlich jedoch steigt die Menge des Stoffs im Hirn während des Rauchens einer gesamten Zigarette stetig an, haben amerikanische Forscher mithilfe von Positronen-Emissions-Tomographie, kurz PET, beobachtet. Noch langsamer als nicht-süchtigen Rauchern verläuft dieser Prozess bei Rauchern, die abhängig von Nikotin sind, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences". Ihre Erkenntnisse könnten dabei helfen, neue Ansätze für die Behandlung der Sucht zu entwickeln.

"Früher hat man gedacht, dass Zug für Zug Spitzenwerte das Gehirn erreichen und erklären, warum Zigaretten um einiges stärker abhängig machen als andere Formen der Nikotin-Verabreichung wie Pflaster oder Kaugummi", erläutert Jed Rose vom Center for Nicotine and Smoking Cessation Research am Duke University Medical Center in Durham. "Unsere Arbeit stellt nun in Frage, ob Abhängigkeit mit der Zug-für-Zug-Verabreichung zu tun hat. Tatsächlich könnte dies teilweise auf der Gesamtrate, mit der Nikotin das Gehirn erreicht und sich dort ansammelt, beruhen, ebenso wie auf der einzigartigen Gewohnheit und den Sinneserfahrungen, die mit Rauchen verbunden werden." Bei 13 abhängigen und 10 nicht süchtigen Rauchern hatten Rose und Kollegen mithilfe des bildgebenden Verfahrens der Positronen-Emissions-Tomographie beobachtet, wie sich Nikotin während des Rauchens einer Zigarette in den Lungen und im Gehirn ansammelt.

Zu ihrer Überraschung stellten sie fest: Bei Abhängigen war die Rate, mit der sich das Nikotin im Hirn anhäufte, deutlich niedriger als bei Rauchern, die nicht süchtig waren. Dies ist offenbar zumindest zum Teil darauf zurückzuführen, dass der Stoff bei ihnen auch weniger effektiv aus den Lungen ins Blut gelangt. Die Forscher vermuten, dass abhängige Raucher die langsamere Rate damit zu kompensieren versuchen, dass sie größere Mengen an Rauch inhalieren. Die unterschiedlichen beobachteten Raten erklären allerdings noch nicht, warum manche Menschen nikotinabhängig werden und andere nicht.

"Selbst wenn man die Geschwindigkeit der Zufuhr [an Nikotin] herausrechnet, zeigt unsere Studie, dass nicht abhängige Raucher möglicherweise dieselben hohen Mengen an Nikotin in ihrem Gehirn erleben wie süchtige Raucher, jedoch ohne süchtig zu werden", erklärt Rose. "Das wahre Rätsel ist warum." Es könnten etwa genetische Unterschiede dafür verantwortlich sein, eine andere Art zu rauchen oder Unterschiede in den erlebten psychischen Effekten. "Wir sind immer noch nicht in der Lage, vollständig zu erklären, warum diese Leute rauchen können, ohne süchtig zu werden", so Rose.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Kinetics of brain nicotine accumulation in dependent and non-dependent smokers: a PET study with 11C-nicotine cigarettes", Jed E. Rose et al.; Proceedings of the National Academy of Sciences (doi/10.1073/pnas.0909184107)


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg