Quanten-Chemie: Extremes Kühlen mit gekreuzten Gasstrahlen

Neue Methode ermöglicht besseres gleichmäßiges Abkühlen und leichtere Analyse der Quantendynamik bei Tieftemperaturen
Durch diese beiden konischen Düsen – sogenannte Skimmer - werden die Gasstrahlen in eine Vakuumkammer geleitet. Im Kreuzungsbereich werden tiefkalte Temperaturen erreicht.
Durch diese beiden konischen Düsen – sogenannte Skimmer - werden die Gasstrahlen in eine Vakuumkammer geleitet. Im Kreuzungsbereich werden tiefkalte Temperaturen erreicht.
© Alon B. Henson
Rehovot (Israel) - Reagieren Substanzen bei tiefkalten Temperaturen miteinander, kommen neben chemischen Prozessen auch quantenphysikalische Vorgänge ins Spiel. Theoretische Modelle für diese Quanten-Chemie existieren schon länger, doch fehlte es bislang weitestgehend an Experimenten. Nun ist es israelischen Wissenschaftlern gelungen, diese Lücke mithilfe sich kreuzender Gasstrahlen ein Stück weit zu schließen. Wie sie in der Zeitschrift „Science“ berichten, konnten sie über einen geschickten Abkühlungsvorgang die gegenseitige Wechselwirkung zwischen den Gasen Helium, Wasserstoff und Argon analysieren.

„Bisher wird das Feld der Quanten-Chemie von der Theorie dominiert“, sagt Edvardas Narevicius vom Weizmann Institute of Science in Rehovot nahe Tel Aviv. Besonders schwierig sei es, Gase so weit abzukühlen, dass die einzelnen Atome nur noch sehr langsam sind. Denn sehr geringe Kollisionsgeschwindigkeiten zwischen neutralen Gasen sind nötig, um den quantenphysikalischen Charakter einer Reaktion studieren zu können. Diese Bedingungen erreicht man nur, wenn die Temperaturen sehr tief sinken und nahe an den absoluten Nullpunkt bei minus 273,15 Grad Celsius heranreichen.

Genau das schafften Narevicius und Kollegen mit einem gebündelten Helium-Gasstrahl, den sie mit einer zweiten Gasströmung wahlweise aus Wasserstoff oder Argon kreuzten. Für diesen Versuch nutzten die Forscher den bekannten Effekt aus, dass sich ein in eine Vakuumkammer strömendes Gas ausdehnt und dabei sehr effizient abkühlt. Neben dieser sogenannten adiabatischen Expansion konnten sie die Richtung des elektrisch neutralen Helium-Gasstrahls über ein komplexes Magnetfeld eines Quadrupol-Magnetens mit vier Polen kontrollieren. Dadurch gelang es, im Kreuzungsbereich der beiden Gasstrahlen tiefkalte Temperaturen von zehn Tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt zu erreichen.

So abgekühlt kam es zwischen Helium und Wasserstoff beziehungsweise Argon zu einer Ionisierung der stark abgebremsten Gasteilchen. Verantwortlich für diesen Prozess machten die Forscher quantenphysikalische Tunnelprozesse. Der Nachweis dieser sogenannten Penning-Ionisation erfolgte durch den Nachweis der positiv geladenen Argon- oder Wasserstoff-Ionen. „Mit unserem Experiment erreichten wir die Auflösung einer Quantenstruktur bei vorher unerreichbar tiefen Temperaturen“, sagt Narevicius. In weiteren Versuchen kann sich der Forscher vorstellen, diese Kühlmethode auch auf andere Gase auszuweiten. Besonders interessiert ihn dabei die Reaktion von Fluor mit Wasserstoff. Er erwartet, dass auch in diesem Fall eine chemische Reaktion bei tiefen Temperaturen maßgeblich durch quantenphysikalische Tunnelprozesse bestimmt wird. Von Bedeutung sind solche Versuche beispielsweise für die Analyse von Reaktionen im Weltraum.

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