Positiver Gentest auf Alzheimer-Risiko belastet Psyche wenig

Sechs Monate nach Mitteilung eines positiven Befundes lässt sich kein erhöhter psychischer Stress bei den Betroffenen mehr nachweisen
Boston (USA) - Träger einer bestimmten Genvariante haben ein erhöhtes Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Wie groß die psychische Belastung für Menschen ist, denen das positive Ergebnis eines solchen Gentests mitgeteilt wird, haben amerikanische Mediziner jetzt untersucht. Ihr Fazit: Es kommt nur vorübergehend zu leicht verstärkten Angstgefühlen, die aber schon nach sechs Monaten gar nicht mehr nachweisbar sind. Die Mitteilung des negativen Testergebnisses hingegen verringerte die Ängstlichkeit deutlich. Obwohl es weder eine Heilung noch Vorsorgemaßnahmen gibt, würde eine Mehrheit der befragten erwachsenen Kinder von Alzheimer-Kranken einem Gentest zustimmen, schreiben die Forscher im "New England Journal of Medicine".

"Unsere Arbeit bestätigt, dass es eine positive Erfahrung sein kann, Informationen über das genetische Krankheitsrisiko zu erhalten, auch wenn das Ergebnis keinen klaren medizinischen Nutzen hat", sagt Robert Green von der Boston University. Die Forscher wählten für ihre Studie 162 erwachsene Kinder von Alzheimer-Patienten aus. Deren Risiko, selbst an der Demenz zu erkranken, ist bereits zwei- bis dreimal höher als das von familiär nicht vorbelasteten Menschen. Die Hälfte der Probanden wurde auf das Alzheimer-Risiko-Gen APOE-e4 untersucht und über das Ergebnis informiert. Ein positives Resultat bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung auf über 50 Prozent ansteigt. Die zweite Gruppe blieb über ihr genetisches Krankheitsrisiko im Unklaren. Sechs Wochen, sechs Monate und ein Jahr nach Mitteilung der Ergebnisse wurden alle Teilnehmer auf Symptome von Ängstlichkeit und Depressionen untersucht.

Nach sechs Wochen waren diejenigen, die ihr erhöhtes genetisches Risiko kannten, wegen diesem Befund etwas besorgter als die Unwissenden. Danach ließen sich aber keine Unterschiede mehr zwischen beiden Gruppen nachweisen. Diejenigen aber, denen ein negatives Ergebnis mitgeteilt wurde, fühlten sich psychisch deutlich besser als jene, die einen positiven Befund erhalten hatten. Es bestehen unterschiedliche Meinungen darüber, ob es sinnvoll ist, ein genetisches Krankheitsrisiko zu ermitteln, wenn es keine Behandlungsmöglichkeit für diese Krankheit gibt. "Ich glaube aber, die meisten Kinder von Alzheimer-Patienten hätten zumindest gern das Recht, selber darüber entscheiden zu können, ob ein Gentest durchgeführt wird oder nicht", sagt Scott Roberts, ein Mitglied des Forschungsteams. Zunächst seien noch größere und länger dauernde Studien nötig, um mögliche psychische Langzeitschäden auszuschließen, die die Mitteilung eines positiven Befundes nach sich ziehen könnte.

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Quelle: "Disclosure of APOE Genotype for Risk of Alzheimer's Disease", Robert C. Green et al.; New England Journal of Medicine, Vol. 361, p. 245


 

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