Poker-Face enttarnt: Arme verraten den Bluff

Selbst bei professionellen Spielern gibt die Armbewegung Aufschluss über den Wert der Spielkarten auf der Hand
Das beherzte Voranschieben des Einsatzes deutet auf ein gutes Poker-Blatt hin.
Das beherzte Voranschieben des Einsatzes deutet auf ein gutes Poker-Blatt hin.
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Medford (USA) - Je besser das Pokerface, desto mehr Gewinn: Erfahrene Kartenspieler haben ihre Gesichtsmuskeln so gut trainiert, dass sie keine Emotionen zeigen und versehentlich Hinweise auf ihr Blatt geben. Doch sollten sie nicht vergessen, auch ihre Arme unter Kontrolle zu halten, berichten jetzt US-Forscher. Denn in der Bewegung, mit der ein Pokerspieler seinen Einsatz in die Mitte schiebt, spiegelt sich ebenfalls sein Vertrauen ins eigene Blatt. Das gilt selbst für Poker-Profis, berichten die Forscher im Fachblatt „Psychological Science“.

„Dieselbe Handlung kann unterschiedliche Bewegungsdynamiken haben, je nach zugrundeliegender Absicht, und diese feinen Unterschiede können Beobachter entschlüsseln“, schreibt das Team um Michael Slepian und Nalini Ambady von der Tufts University bei Boston. Diese Erkenntnis anderer Psychologenteams wandten die Forscher jetzt auch auf Pokerspieler an. Sie hatten zunächst bei einem Pokerturnier der World Series of Poker das Verhalten zahlreicher professioneller Spieler gefilmt. Diese Aufnahmen schnitten sie dann in drei Varianten zu Zwei-Sekunden-Videos zusammen: eine enthielt die ganze Körperansicht oberhalb des Tisches während des Bietens, eine nur das Gesicht und eine nur die Arme. Insgesamt 78 Studenten, die weder Pokerexperten waren noch den Wert der Chips kannten, dienten als Testpersonen. Sie sollten anhand der Videos beurteilen, wie viel Vertrauen jeder Spieler wohl in die Chancen seiner aktuellen Karten hatte – ohne, dass die Karten zu sehen waren. Dann beurteilten die Studenten das Zutrauen in ihre eigenen Einschätzungen, ihr eigenes Poker wissen und absolvierten einen Test, wie empfindsam sie für nonverbale Zeichen waren.

Jeweils ein Drittel der Probanden betrachtete nun je eine Variante von rund 20 Kurzvideos. Klar zeigte sich: Am Oberkörper allein konnten die Probanden die Kartenchancen genauso gut oder schlecht erkennen wie ein Zufallsgenerator. Sahen sie nur das Gesicht, so lagen sie sogar häufiger daneben als der Zufall. Beobachteten sie aber die Arme, so waren sie deutlich treffsicherer. „Das deutet darauf hin“, so die Forscher, „dass die Hinweise im Gesicht trügerisch waren.“ Offenbar beherrschten die Kartenspieler das Pokerface. Im zweiten Experiment wiederholten 30 weitere Studenten den Ablauf mit neuen Videos – ihre Bewertungen bestätigten das erste Ergebnis. Im dritten Experiment schließlich sollten die Probanden noch einmal konkret einschätzen, wie zuversichtlich der Spieler auf sie wirkte und wie er seine Arme bewegte, wenn er seinen Einsatz in die Mitte des Spieltisches schob. Es ist bekannt, dass psychische Anspannung die Geschmeidigkeit von Körperbewegungen stört. Tatsächlich bestätigte sich im dritten Experiment die Hypothese, dass Spieler mit besseren Karten zuversichtlicher wirken und mit weicheren, ruhigeren Bewegungen agieren.

Den Forschern blieb dabei unklar, wie ihre Testpersonen zum Eindruck „geschmeidiger“ Bewegungen kamen oder ob die Bewegungen bei den gewinnenden Pokerspielern auch objektiv messbar geschmeidiger waren. Es zeigte sich aber: Wer – wie anfangs gemessen – nonverbale Zeichen gut wahrnehmen konnte, war auch gut dabei, zuversichtliche Spieler zu erkennen. Unabhängig davon war jedoch das Erkennen geschmeidiger Bewegungen. Daraus schließen die Wissenschaftler: „Armbewegungen dürften einen aussagekräftigeren Hinweis auf den Wert eines Pokerblattes liefern als anderes nonverbales Verhalten.“

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