Paradoxe Nebenwirkung: Immununterdrücker fördert Immunabwehr

Neue Therapieansätze für chronische Virusinfektionen wie Hepatitis oder HIV denkbar
Atlanta (USA) - Eine geringe Dosis eines Wirkstoffs zur Unterdrückung des Immunsystems kurbelt bei Mäusen paradoxerweise die Abwehrreaktion des Körpers gegen Viren an. Die Substanz namens FTY720 hilft den Tieren damit anscheinend gezielt, eine chronische Virusinfektion wieder los zu werden. Diese unerwartete Beobachtung haben amerikanische Forscher bei den Nagern gemacht. Das Mittel bewirkt, dass die für die Immunabwehr zentralen weißen Blutkörperchen in den Lymphknoten festgehalten und so aus der Blutzirkulation entfernt werden. Auf welche Weise genau FTY720 jedoch die Immunantwort verstärkt, ist den Forschern bisher noch nicht klar und erfordert weitere Studien. Sie gehen aber davon aus, dass der Wirkstoff keinen direkten antiviralen Effekt ausübt, berichten sie in "Nature". Durch die überraschenden Erkenntnisse könnten sich auch neue Ansätze im Kampf gegen Hepatitis oder HIV ergeben.

"Weil FTY720 ursprüngliche Mechanismen anspricht, die während der Evolution komplett erhalten geblieben sind, könnten unsere Ergebnisse auch auf neuartige Immuntherapien zur Behandlung chronischer Infektionen beim Menschen übertragbar sein", schreiben John Altman von der Emory University in Atlanta und seine Kollegen. Auch wenn er noch nicht offiziell zugelassen ist, ist der Wirkstoff, der die Immunabwehr dämpft, bereits in klinischen Studien am Menschen getestet worden - etwa bei Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose und zur Unterdrückung der Immunabwehr nach Transplantationen. Die unverhoffte Nebenwirkung von FTY720 hatten die Wissenschaftler nun in einem Mausmodell entdeckt, bei dem die Tiere an einer durch Viren hervorgerufenen Meningitis litten. Selbst eine bereits bestehende chronische Virusinfektion konnten die Tiere mithilfe des Wirkstoffs innerhalb von 30 Tagen erfolgreich hinter sich bringen.

Nature
Quelle: "Transient FTY720 treatment promotes immunemediated clearance of a chronic viral infection", Mary Premenko-Lanier et al.; Nature, (Vol. 454, S. 894, doi:10.1038/nature07199)


 

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