Pantomimen des Alptraums

Bei Schlafwandeln und Nachtangst scheinen Betroffene nachzuahmen, was sie mental erleben. Demnach spielen unangenehme traumähnliche Erlebnisse wohl doch eine wichtigere Rolle als bislang angenommen
Paris (Frankreich) - Leiden Erwachsene unter Schlafwandeln oder so genannter Nachtangst, führen sie während solcher Episoden wohl doch Geträumtes aus. Bislang war die verbreitete Meinung, dass Träume während des Schlafwandelns und der auch als Pavor bezeichneten Nachtangst, bei der sich Betroffene mit schreckverzerrtem Gesicht im Bett aufrichten, nicht auftreten. Allerdings hatten sich die meisten Studien zu diesem Thema auf Kinder konzentriert. In einer französischen Studie hingegen berichteten jetzt mehr als 70 Prozent der Betroffenen von kurzen, unangenehmen, traumähnlichen Gedanken, die mit diesen Schlafstörungen einhergingen. Demnach könnten traumähnliche Erlebnisse dabei doch eine zentrale Rolle spielen, berichten die Mediziner im Fachblatt "Sleep".

"Die Ergebnisse sind überraschend, weil für gewöhnlich berichtet wird, dass Schlafwandler und Patienten mit Nachtangst sich nicht an Träume erinnern", erläutert Isabelle Arnulf vom Hôpital Pitié-Salpêtrière in Paris. "Erwachsene in der Studie, die Schlafwandeln und Nachtangst erlebten, waren während der Episoden weniger verwirrt als Kinder, was es erleichterte, ihre mentale Aktivität während des Träumens auszudrücken." Die Forscher befragten insgesamt 43 Patienten im Alter zwischen 11 und 72 Jahren, die mit heftigen und häufigen, verstörenden Episoden von Schlafwandeln und/oder Nachtangst zu kämpfen hatten, und verglichen deren Aussagen mit denen von 25 gesunden Kontrollpersonen. Sie sammelten diese Angaben rückblickend, so dass die Erinnerungen an traumähnliche Gedanken große Teile der Lebensspanne der Befragten abdecken konnten. Außerdem beobachteten sie eine Nacht lang den Schlaf der Versuchspersonen im Schlaflabor. Von den Teilnehmern litten fünf an Schlafangst allein, acht an Schlafwandeln allein und die übrigen dreißig an beiden Formen der Schlafstörungen.

Von den Befragten konnten 88 Prozent verlässlich auf die Fragen über die geistigen Abläufe während des Schlafwandelns oder der Nachtangst antworten. In den insgesamt 106 gesammelten Auskünften über traumähnliche Gedanken stellten die Mediziner fest: 71 Prozent berichteten, mindestens einmal traumähnliche Erlebnisse gehabt zu haben, die in Zusammenhang mit den nächtlichen Episoden standen. Der Inhalt war kurz, bestand in 95 Prozent der Fälle aus einer einzelnen visuellen Szene. Diese war zumeist - in 85 Prozent der Berichte - eindeutig unangenehm, etwa mit Gefühlen von Angst, Furcht, Besorgnis, Schrecken, verbunden mit einem Missgeschick oder Unglück. Diese Eindrücke korrespondierten mit den Aktionen, die die Versuchsteilnehmer im Schlaf ausführten. Die Forscher vermuten, dass die kurzen traumähnlichen Episoden entweder abschließende Teile eines längeren Traums sein könnten, den die Betroffenen mit dem Aufwachen vergessen. Ebenso sei denkbar, dass es sich um kurze mentale Erzeugnisse handelt, die kurz vor oder beim Aufwachen hervorgerufen werden.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Dreamlike Mentations During Sleepwalking and Sleep Terrors in Adults", Isabelle Arnulf et al.; Sleep (im Druck)


 

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