Neuer Ansatz für Parkinson-Therapie

Sanfte Analysemethode zeigt: Eiweiß-Ablagerungen entstehen aus unschädlichen Molekül-Komplexen
Boston (USA) - Bei der Parkinson-Krankheit bilden sich Ablagerungen eines Proteins in bestimmten Zellen des Gehirns. Jetzt zeigte sich, dass dieses Protein in gesunden Zellen bereits als Verband von vier Molekülen existiert, berichten US-amerikanische Forscher. Bisher hatte man geglaubt, dass das Protein alpha-Synuclein normalerweise in Form einzelner Moleküle vorliegt, die sich nur im Krankheitsfall zu großen, unlöslichen Komplexen zusammenlagern. Der überraschende Befund weist auf eine neue Behandlungsstrategie hin: Wirkstoffe, die die normale Molekülform des Proteins im Viererverband stabilisieren, könnten möglicherweise Ablagerungen verhindern und die Krankheitssymptome lindern, schreiben die Wissenschaftler online im Fachjournal "Nature".

"Unsere Entdeckung könnte von grundlegender Bedeutung sein, um zu verstehen, wie alpha-Synuclein normalerweise funktioniert und was daran bei Parkinson verändert ist", sagt Dennis Selkoe von der Harvard Medical School in Boston. Sein Forscherteam konnte die bisherige Vorstellung von der Molekülstruktur des alpha-Synucleins widerlegen. Durch schonendere Methoden der Proteinreinigung ließ sich nachweisen, dass die Eiweißmoleküle in gesunden menschlichen Zellen gefaltete Strukturen bilden und sich zu den Vierergruppen, sogenannten Tetrameren, zusammenlagern. Früher eingesetzte Standardmethoden hatten dazu geführt, dass in den gereinigten Proteinpräparaten nur noch voneinander getrennte, nicht-gefaltete Einzelmoleküle vorliegen. Die Tetramere erwiesen sich als stabil und bildeten im Gegensatz zu den Einzelmolekülen auch nach mehreren Tagen keine unlöslichen Ablagerungen, wie sie für die Parkinson-Krankheit typisch sind.

Zur Entwicklung eines Parkinson-Medikaments suchen Pharmafirmen unter anderem nach Wirkstoffen, die verhindern, dass die einzelnen Moleküle Aggregate bilden. Jetzt glauben die Forscher jedoch, dass eine ganz andere Strategie mehr Erfolg verspricht: "Wenn wir das alpha-Synuclein in der Form von löslichen Tetrameren erhalten können, wäre es möglich, das Fortschreiten - und vielleicht sogar die Entwicklung - der Nervendegeneration bei der Parkinson-Krankheit zu verhindern", sagt Selkoe. Auch neue Methoden der Diagnostik seien denkbar. So könnte das Mengenverhältnis von Tetrameren zu Einzelmolekülen des Proteins in Proben von Blut oder Rückenmarksflüssigkeit direkte Hinweise auf das Krankheitsstadium liefern.

Das Parkinson-Syndrom ist eine langsam fortschreitende degenerative Hirnerkrankung. Dabei sterben vor allem Hirnzellen in der Substantia nigra des Mittelhirns ab, die den Botenstoff Dopamin freisetzen. Der entstehende Dopaminmangel erklärt die typischen Symptome wie Muskelstarre, verlangsamte Bewegungen und Muskelzittern. Das Protein alpha-Synuclein ist ein Hauptbestandteil der Lewy-Körperchen, wie die krankheitstypischen Ablagerungen in den Gehirnzellen bezeichnet werden. Eine veränderte Molekülstruktur des Proteins, die die Ablagerungen bewirkt, gilt als eine Ursache für das Absterben von Nervenzellen. Das alpha-Synuclein wird auch bei Gesunden in vielen Zellen des Körpers produziert. Seine genaue Funktion ist noch nicht geklärt.

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Quelle: "alpha-Synuclein occurs physiologically as a helically folded tetramer that resists aggregation", Tim Bartels et al.; Nature, Online-Publikation, doi: 10.1038/nature10324


 

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