Nanopartikel lassen neue Blutbahnen wachsen

Chemisch hergestellte Moleküle mit Bestandteilen eines Wachstumsfaktors bilden Nanostrukturen, welche die Folgen eines Herzinfarkts lindern sollen
Evanston (USA) - Schlecht durchblutetes Gewebe kann sich nur dann regenerieren, wenn neue Blutgefäße wachsen. Das konnten US-amerikanische Mediziner jetzt mit einer chemisch hergestellten Substanz bewirken, deren Moleküle sich zu Nanopartikeln zusammenlagern. Die fadenförmigen Nanostrukturen präsentieren Protein-Fragmente an ihrer Oberfläche, die die Funktion eines Wachstumsfaktors simulieren. Im Tierversuch blieben die Partikel nach der Injektion länger im Gewebe wirksam als der natürliche Wachstumsfaktor. Zudem ist ihre Wirkung stärker und sie sind günstiger herzustellen, berichten die Forscher im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)". Der neuartige Wirkstoff könnte unter anderem eingesetzt werden, um die Durchblutung eines geschädigten Herzmuskels zu verbessern und so die Folgen eines Infarkts zu lindern.

"Ein wichtiges Ziel in der regenerativen Medizin ist die Fähigkeit, bei Bedarf Blutgefäße wachsen zu lassen", sagt Samuel Stupp von der Northwestern University in Evanston, einer der leitenden Forscher des Teams. Der natürliche Wachstumsfaktor VEGF hat die Aufgabe, Blutgefäßzellen dazu anzuregen, neue Kapillaren zu bilden. Doch ein direkter therapeutischer Einsatz dieses Botenstoffs hat sich als nicht effektiv genug erwiesen: Das Protein verbleibt nach der Injektion nur wenige Stunden am Wirkungsort. Außerdem ist die gentechnische Herstellung der Substanz sehr teuer, so dass wiederholte Injektionen nicht praktikabel sind. Deshalb koppelten Stupp und seine Kollegen die für die biologische Aktivität wichtigen Molekülteile des VEGF-Proteins an eine wasserabstoßende Molekülkette. Eine damit chemisch verbundene Kette ausgewählter Aminosäuren sorgte dafür, dass sich die so konstruierten Moleküle von selbst zu fädigen Strukturen zusammenlagerten. Dabei orientierten sich die wasserabstoßenden Teile nach innen, während die biologisch aktiven VEGF-Elemente nach außen zeigten.

"Dieses Nanomaterial simulierte die Wirkung des Wachstumsfaktors VEGF, hatte aber eine viel längere Lebensdauer im Gewebe, was seine Wirksamkeit deutlich verstärkte", sagt Douglas Losordo, ein Mitglied des Forscherteams. Die biologisch abbaubaren Nanofäden waren im Tierversuch gut verträglich und blieben zwei Wochen lang im Gewebe nachweisbar. Die Wissenschaftler testeten die Substanz an Mäusen, bei denen die Durchblutung der Hinterbeine auf fünf bis zehn Prozent des normalen Wertes verringert worden war. Die Behandlung durch intramuskuläre Injektion erhöhte die Blutversorgung nach vier Wochen wieder auf 75 bis 80 Prozent und verbesserte die Leistung der Beinmuskeln. Mikroskopische Untersuchungen bestätigten, dass die Therapie das Wachstum neuer Blutgefäße ausgelöst hatte. Als Nächstes planen die Forscher Tierversuche, in denen sie mit ihren Nanopartikeln die Durchblutung von infarktgeschädigtem Herzgewebe verbessern wollen. Die Behandlung mit dem neuen Wirkstoff könnte auch helfen, die Blutversorgung transplantierter Organe zu fördern.

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Quelle: "Supramolecular nanostructures that mimic VEGF as a strategy for ischemic tissue repair", Matthew J. Webber et al.; Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), Online-Publikation,
http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1016546108


 

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