Masse schrumpft: Demographischer Wandel im Regenwald

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Bei zunehmender Erwärmung könnte der Regenwald seine Funktion als Kohlenstoffsenke einbüßen.
Kopenhagen (Dänemark) - Die Regenwälder gelten als eine der letzten Bastionen im Kampf gegen die globale Klimaerwärmung, da sie beim Wachsen Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen und speichern können. Doch dem Wald könnte es jetzt selber zu warm werden und damit ginge diese Funktion verloren. Denn in den Tropen scheinen mehr Bäume abzusterben als in der Vergangenheit, berichtet David Hilbert vom staatlichen Australischen Forschungsinstitut CSIRO auf dem Klimakongress in Kopenhagen. Das würde zu einer Abnahme der Biomasse und damit des gespeicherten Kohlenstoffs führen.

"Der Verlust liegt nach unseren Berechnungen bei 14 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar bei einer Erwärmung von einem Grad", sagte Hilbert. Die bisher unveröffentlichte Untersuchung basiert auf Daten aus Nordost-Australien von insgesamt 8.210 Bäumen in 16 Analyseflächen über einen Zeitraum von 35 Jahren. Dabei ermittelten er und sein Team die Fläche von Baumstämmen in einem berechneten Querschnitt in 1,3 Meter Höhe. Von dieser so genannten Basalfläche lässt sich auf die gesamte Holzmasse im Regenwald und auf den gebundenen Kohlenstoff schließen. Die Forscher stellten fest, dass die Basalfläche der Bäume im Durchschnitt mit zunehmender Temperatur geringer ausfällt. Dies beruht darauf, dass mehr Bäume aller Altersklassen absterben, also auch die Urwaldriesen, während die Nachwachsenden weniger Volumen haben. Hilbert spricht in diesem Zusammenhang von einem demographischen Wandel im Regenwald. Er beobachtete eine Abnahme der Basalfläche um 2,8 Quadratmeter pro Hektar und Grad Celsius Erwärmung. "Wir wissen allerdings noch nicht, warum die Bäume sterben", sagt Hilbert.

Das Ergebnis der Studie deckt sich mit einem allgemeinen Muster, das Hilbert in tropischen Wäldern beobachtet hat. Daten aus ungefähr 90 Publikationen über unterschiedliche Regenwälder der Erde mit unterschiedlichen langfristigen Temperaturmitteln zeigen eine Abnahme der basalen Stammflächen im Durchschnitt um etwas mehr als zwei Meter pro Hektar und Grad. Dieser Umstand ist nach Hilberts Angaben bisher noch nicht dokumentiert der in den globalen Klimamodellen berücksichtigt worden. Jedoch meldete das Fachblatt Science schon in der vergangenen Woche, dass Trockenheit in den Regenwäldern des Amazonas massiv zum Absterben von Bäumen und damit zu Kohlenstoffverlusten führt.

Schneller als bisher vermutet, so Hilbert, könnte das Baumsterben die weltweite CO2-Konzentration in der Atmosphäre in die Höhe treiben und so den Klimawandel beschleunigen: "Bei der geschätzten weltweiten Fläche des tropischen Regenwaldes ergibt das eine potenzielle Abnahme der Kohlenstoffspeicher von fast 25 Milliarden Tonnen pro Grad Celsius Erwärmung". Das wären laut Hilbert etwa zweieinhalb mal soviel wie die globalen Kohlenstoff-Emissionen im Jahr 2007.

Von unserem Korrespondenten Jan Wehberg

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Wissenschaft aktuell berichtet exklusiv für den deutschsprachigen Raum vom bisher größten Klimakongress des Jahres in Kopenhagen. Mehr als 2000 internationale Wissenschaftler berichten und diskutieren dort vom 10. bis 12. März ihre aktuellen, teils noch unveröffentlichten Forschungsergebnisse.
Der "Climate Change Congress" soll eine aktuelle wissenschaftliche Grundlage schaffen für das Treffen des Weltklimarats der Vereinten Nationen IPCC, das im Dezember 2009 ebenfalls in Kopenhagen stattfinden wird.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Vulnerability of carbon sinks in tropical rainforests due to global warming", David Hilbert; Vortrag vom 10. März 2009 in Kopenhagen, Climate Change Tagung http://climatecongress.ku.dk/


 

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