Krebstherapie durch Biochirurgie: Bakterien zerstören inoperable Tumoren
„Wir befinden uns noch in einem frühen Stadium und müssen Sicherheit und Wirksamkeit genauer prüfen. Außerdem wollen wir erforschen, wie erfolgreich diese Behandlung in Kombination mit anderen Krebstherapien ist“, sagt Saurabh Saha von BioMed Valley Discoveries in Kansas City, der zusammen mit Forschern der Johns Hopkins University in Baltimore die Arbeiten leitete. Dabei setzten sie einen genetisch veränderten Stamm des Bodenbakteriums Clostridium novyi ein, dem ein Toxin-Gen fehlte. Diese Mikroben können Ruhestadien in Form von Sporen bilden, die lange Zeit überdauern können. Bei günstigen Lebensbedingungen keimen die Sporen aus und werden wieder zu aktiven beweglichen Zellen. Da Clostridien keinen Sauerstoff vertragen, können sie sich im schlecht durchbluteten Innern von Tumoren vermehren, nicht aber in gesundem Nachbargewebe. Die schlechte Durchblutung im Tumor ist auch der Grund dafür, dass Krebsmittel nicht tief genug eindringen und sämtliche Tumorzellen zerstören können. Auch eine Bestrahlung verliert an Wirksamkeit, wenn nicht genügend Sauerstoff vorhanden ist.
In früheren Experimenten dienten Mäuse und Kaninchen mit transplantierten Tumoren als Versuchstiere. Die Behandlung erfolgte, indem Clostridiensporen intravenös injiziert wurden. Danach schrumpften die Tumoren teilweise oder ganz. Aber bei Hunden, die auf natürlichem Weg an Krebs erkrankt waren, erwies sich diese Therapie als kaum wirksam. Als Grund dafür vermuteten die Forscher, dass durch die starke Verdünnung im Blut nicht genügend Sporen in die Tumoren gelangen. Daher injizierten sie nun die Sporen direkt in den jeweiligen Tumor.
In einer ersten Versuchsreihe mit Ratten, denen Hirntumoren verpflanzt worden waren, gelang es, die Krebszellen effektiv abzutöten, während eng benachbarte gesunde Zellen verschont blieben. Die mittlere Lebensdauer der Tiere verlängerte sich von 18 auf 33 Tage. Dann behandelten die Wissenschaftler 16 Hunde, deren spontan entstandene Tumoren denen von Krebspatienten wesentlich ähnlicher sind. Jedem Tier wurden ein- bis viermal jeweils 100 Millionen Sporen injiziert. Nach drei Wochen hatten sich bei sechs Hunden die Tumoren verkleinert, bei drei von ihnen verschwanden sie ganz. Als Nebenwirkung kam es zu typischen Symptomen einer Infektion wie Fieber, Entzündung und Abszessbildung. Ein positiver Zusatzeffekt bestand darin, dass die zerstörten Krebszellen das Immunsystem aktivierten, was die körpereigene Krebsabwehr stärkte.
Schließlich erprobten die Forscher ihre Bakterientherapie an einer 53-jährigen Krebspatientin, bei der sich trotz mehrfacher Chemo- und Strahlentherapie bereits mehrere Metastasen entwickelt hatten. In einen Tumor im Schulterbereich wurden 10.000 Sporen injiziert. Einige Wochen später war der Großteil dieses Krebsgewebes zerstört und die Beweglichkeit des Arms hatte sich verbessert. Andere Tumoren im Körper der Frau blieben unverändert. Inzwischen haben Studien mit weiteren Patienten begonnen. Spätere Untersuchungen sollen dann zeigen, mit welcher Therapieform die neue Art der Tumorbehandlung kombiniert werden sollte, um die stärkste Wirkung zu erzielen.