Krebsmittel wirkt gegen Übergewicht

Ein pflanzliches Alkaloid, das in hoher Konzentration Krebswachstum hemmt, unterdrückt in geringerer Dosierung das Hungergefühl und senkt das Körpergewicht fettleibiger Mäuse
Der Chinesische Krebs- oder Glücksbaum (Camptotheca acuminata) bildet das Alkaloid Camptothecin.
Der Chinesische Krebs- oder Glücksbaum (Camptotheca acuminata) bildet das Alkaloid Camptothecin.
© US National Institutes of Health / gemeinfrei
Shaanxi (China) - Für einen pflanzlichen Wirkstoff, der die Vermehrung von Krebszellen hemmt, haben chinesische Forscher jetzt noch eine ganz andere therapeutische Verwendung entdeckt: Das oral verabreichte Alkaloid Camptothecin verringerte die Nahrungsaufnahme und senkte das Körpergewicht von fettleibigen Mäusen. Dieser Effekt kommt dadurch zustande, dass sich die Produktion eines Hormons verstärkt, welches das Hungergefühl unterdrückt. Die gewichtssenkende Wirkung von Camptothecin erwies sich als unabhängig vom Wirkmechanismus gegen Krebs und erfolgte schon bei einer im Vergleich dazu deutlich geringeren Dosierung, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „PLoS Biology“. Weitere Studien sollen nun prüfen, ob der Wirkstoff auch bei längerer Einnahme gut verträglich ist und zu einer langsam fortschreitenden Gewichtsabnahme führt.

„Unsere Ergebnisse liefern überzeugende Argumente dafür, dass Camptothecin einen therapeutischen Nutzen gegen Fettleibigkeit und die damit verbundenen Stoffwechselstörungen hat“, sagt Jiang Wei Wu von der Northwest A&F University in Shaanxi. Vor einem klinischen Einsatz müssten aber Wirksamkeit und Sicherheit einer Behandlung noch genauer beurteilt werden. Ausgangspunkt der Forschungsarbeiten war die Tatsache, dass ein erhöhter Blutspiegel des Hormons GDF15 (Wachstumsdifferenzierungsfaktor-15) das Körpergewicht senkt. Die Wissenschaftler suchten daher nach Wirkstoffen, die die Produktion dieses Hormons verstärken.

Für ihr Screening nutzten sie menschliche Zellkulturen und testeten die Wirkung von mehr als 6000 Substanzen auf die Aktivierung des GDF15-Gens. Einen besonders starken Effekt zeigte Camptothecin, das in Holz und Frucht des Chinesischen Glücksbaums (Camptotheca acuminata) enthalten ist. Diese Substanz hemmt die Zellteilung und wurde deshalb bereits in klinischen Studien für die Eignung als Krebsmedikament geprüft. Erst halbsynthetische Derivate führten zur weiteren Entwicklung von Arzneimitteln.

Einmal täglich oral verabreicht, verstärkte Camptothecin bei fettleibigen Mäusen die GDF15-Produktion in der Leber und bewirkte einen schnellen Anstieg des Hormonspiegels im Blut. Infolgedessen verringerten die Tiere innerhalb eines Monats ihre Nahrungsaufnahme um zwölf Prozent, wobei das Körpergewicht um elf Prozent sank. Bei schlanken Mäusen hatte die Behandlung keinen Effekt. Die bei diesen Versuchen eingesetzte Dosis betrug – umgerechnet auf das Körpergewicht – nur ein Dreißigstel der geringsten in den Krebsstudien bei Menschen verwendeten Dosis. Die geringe gewichtssenkende Konzentration des Wirkstoffs hatte keine krebshemmende Wirkung mehr und damit auch keine der zellschädigenden Nebenwirkungen. Camptothecin erhöhe den Blutspiegel an GDF15, so dass es an spezielle Rezeptoren von Hirnzellen binden und damit das Hungergefühl verringern kann, sagt Wu. Das eröffne eine ganz neue Möglichkeit für die Behandlung von Fettleibigkeit.

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