Kometeneinschläge: Fels + Eis = Lebensbaustein

Durch die Schockwellen harter Kometentreffer bilden sich Aminosäuren, die zur Entstehung des Lebens notwendig waren
Kometen können beim Aufschlag auf Planeten Aminosäuren produzieren, wie diese künstlerische Darstellung versinnbildlicht.
Kometen können beim Aufschlag auf Planeten Aminosäuren produzieren, wie diese künstlerische Darstellung versinnbildlicht.
© M. Genge, Imperial College London
London (UK) - Kometen galten über Jahrtausende als Unglücksbringer. Große Einschläge von Himmelskörpern auf der Erde sind zwar selten. Erst dieses Jahr haben sich aber neue Hinweise verdichtet, dass wahrscheinlich ein Treffer aus dem All das Ende der Dinosaurier eingeleitet hat. Solche Einschläge können jedoch nicht nur Leben zerstören: Vielleicht haben sie die Entstehung von Leben überhaupt erst möglich gemacht. Planetenforscher gehen davon aus, dass Kometen Aminosäuren auf die frühe, noch unbewohnte Erde gebracht haben. Dies sind chemische Verbindungen, die alle irdischen Lebensformen benötigen. Aber auch bei Kometentreffern selbst können Aminosäuren entstehen, wenn die Einschläge nur hart genug sind, hat ein Forscherteam aus England und den USA nun herausgefunden. Im Fachblatt „Nature Geoscience“ berichten sie von ihren Versuchen mit einer Hochgeschwindigkeitskanone, mit der sie ein Projektil auf eine Eismischung geschossen haben. Bei der richtigen Projektilgeschwindigkeit entstehen verschiedene Aminosäuren.

„Dieser Prozess zeigt, wie ein sehr simpler Vorgang von einer Mischung einfacher Moleküle, wie Wasser und Kohlendioxid-Eis, zu komplexen Molekülen führen kann, wie etwa Aminosäuren“, sagt Studienautor Mark Price von University of Kent. „Das ist der erste Schritt auf dem Weg zum Leben.“ Der nächste Schritt wäre dann die Entstehung noch komplexerer Verbindungen wie etwa Proteinen, die aus Aminosäuren bestehen und aus denen Zellen aufgebaut sind. Die Hypothese, dass der Ursprung des Lebens im All liegt, dürfte damit neue Anhänger gewinnen. Noch ist unklar, wie und wo genau das Leben auf der Erde entstanden ist. Auch heiße Quellen in der Tiefsee gelten als vielversprechend.

Die Forscher führten ihre Versuche mit unterschiedlich schnellen Projektilen und unterschiedlichen Eismischungen durch. Nur wenn das Projektil mindestens sieben Kilometer pro Sekunde schnell war und die Eismischung stimmte, entstanden nachweisbare Mengen an Aminosäuren, vor allem Glycin und Alanin. Damit ist nun eine weitere Möglichkeit bekannt, wie diese lebenswichtigen Stoffe einst auf die frühe Erde gekommen sein könnten. Planetenforscher wissen bereits, dass die kosmische Strahlung auf der Oberfläche kleiner Himmelskörper Prozesse in Gang setzen kann, die zur Entstehung von Aminosäuren führen. Erst vor wenigen Jahren konnten Forscher Aminosäuren auf einem Kometen nachweisen. Diese Moleküle könnten einen Einschlag auf einen Planeten überstehen. Wie die neuen Versuche zeigen, können sich manche Aminosäuren außerdem durch die Schockwelle und die Hitze bei einem Aufprall bilden. Damit verdichtet sich das Bild immer weiter, demzufolge Einschläge von Kometen und Asteroiden für die ersten Bausteine des Lebens verantwortlich gewesen sein können.

„Diese Bausteine können überall in unserem Sonnensystem oder auch jenseits davon zusammengesetzt werden“, erläutert Mitautorin Zita Martins vom Imperial College London. „Sie benötigen nur die passenden Bedingungen.“ Hierzu gehören Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen und Gestein. Sowohl eisige Kometen, die auf einem Felsplaneten aufschlagen, als auch steinige Asteroiden, die etwa auf einen Eismond treffen, könnten solche Verbindungen erzeugen. Planetenforscher sind deshalb äußerst gespannt, ob die kommende Weltraummission "Jupiter Icy Moon Explorer" auf dem Jupitermond Europa organische Moleküle finden wird. Ihr Start ist für das Jahr 2022 geplant; die Reisedauer wird mehrere Jahre betragen. Bis die Ergebnisse dieser Mission vorliegen, werden aber auch die Tiefseeforscher neue Erkenntnisse präsentieren können, ob das irdische Leben wirklich Hilfe aus dem All zu seiner Entstehung gebraucht hat.

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