Körpereigener Schutz vor Schlaganfall-Folgen
"Das ist ein natürlich vorkommendes Molekül, das der Körper bereits selbst bildet - wenn auch vielleicht nicht in ausreichender Menge. Wir verabreichen einfach mehr davon", sagt Gary Steinberg von der Stanford University. Das von ihm und Lawrence Steinman geleitete Forscherteam hatte erstmals festgestellt, dass bei Schlaganfallpatienten der Blutspiegel an Alpha-B-Crystallin erhöht ist. Bei jüngeren Patienten war die Konzentration des Proteins umso höher, je größer das Ausmaß der Hirnschädigung war. Dagegen zeigten über 80-Jährige keinen Anstieg des Alpha-B-Crystallin-Spiegels mehr. Das könnte ein Grund dafür sein, dass ältere Menschen schwerer unter den Folgen eines Schlaganfalls zu leiden haben.
Alpha-B-Crystallin inaktiviert Botenstoffe, die Entzündungen auslösen
Aus früheren Untersuchungen wussten die Forscher, dass bei Hirnverletzungen und Multipler Sklerose verstärkt Alpha-B-Crystallin freigesetzt wird. Nun wollten sie prüfen, ob dieses Protein auch nach einem Schlaganfall eine Rolle spielt. Dazu erzeugten die Wissenschaftler genetisch veränderte Mäuse, die das Protein nicht mehr bilden konnten. Bei diesen Tieren verursachte ein Schlaganfall deutlich größere Hirnschäden als bei normalen Mäusen. Wurden die Tiere mit synthetisch hergestelltem Alpha-B-Crystallin behandelt, verringerte sich die Schädigung – auch dann, wenn die Behandlung erst nach zwölf Stunden erfolgte. Zu starken Nebenwirkungen kam es beim Einsatz des Proteins nicht.
Der Verschluss eines Blutgefäßes im Gehirn durch ein Blutgerinnsel schneidet einen mehr oder weniger großen Teil der betroffenen Hirnregion von der Sauerstoffversorgung ab, so dass Nervenzellen absterben. Zusätzlich werden dadurch Immunzellen angeregt, Botenstoffe freizusetzen, die Entzündungsreaktionen auslösen und den Schaden noch vergrößern. Alpha-B-Crystallin hingegen inaktiviert entzündungsfördernde Botenstoffe und drosselt so die schädliche Folgereaktion. Zurzeit wird ein so genannter ischämischer Schlaganfall mit einem Plasminogenaktivator oder anderen Medikamenten behandelt, die das Blutgerinnsel auflösen. Diese Maßnahme ist aber nur in einem Zeitfenster von 4,5 Stunden möglich. Außerdem verhindert das nicht die nachfolgenden Zerstörungen durch die entzündlichen Immunreaktionen.