Kleinste Massenanziehung zwischen winzigen Goldkugeln

Hochempfindliche Gravitationswaage ermöglicht die bisher genauesten Messungen der Schwerkraft
Mit dieser Gravitationswaage konnten Physiker die extrem schwache Massenanziehung zwischen zwei winzigen Goldkügelchen messen.
Mit dieser Gravitationswaage konnten Physiker die extrem schwache Massenanziehung zwischen zwei winzigen Goldkügelchen messen.
© Tobias Westphal, U. Wien
Wien (Österreich) - Massen ziehen sich gegenseitig an. Doch je kleiner die Massen sind, desto schwieriger gestalten sich die Messungen der extrem schwachen Gravitationskraft. Einen neuen Rekord stellten nun österreichische Physiker mit einer speziellen Gravitationswaage und zwei nur 90 Milligramm schweren Goldkügelchen auf. Der nun genutzte Aufbau gleicht zwar prinzipiell dem berühmten Experiment von Henry Cavendish im Jahr 1798. Doch eröffnet er nun erstmals einen Weg, um extrem schwache Gravitationskräfte zu messen. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, wären mit einer weiteren Optimierung dieser Versuche Schwerkraftmessungen bis auf die Quantenebene vorstellbar.

Die Gravitationswaage von Markus Aspelmeyer und seinen Kollegen vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation IQOQI in Wien besteht aus einer senkrecht gespannten, hauchdünnen Faser aus Siliziumdioxid. An diese hängten sie einen waagerecht ausgerichteten, filigranen Stab aus Titan mit je einem nur 90 Milligramm schweren Goldkügelchen an den beiden Ende. Brachte man nun ein weiteres Goldkügelchen in die Nähe eines Balkenendes, zogen sich diese beiden Massen über die sehr schwache Gravitationskraft an. Dadurch wurde der Titan-Stab etwas verdreht. Eine periodische Änderung des Kugelabstands zwischen zwei bis drei Millimeter führte so zu einer Schwingung, die über die Ablenkung eines Laserstrahls extrem genau gemessen werden konnte.

Um Störeffekte zu vermeiden, führten die Physiker das Experiment im Vakuum durch und schirmten elektromagnetischen Kräfte mit einem Faraday-Käfig ab. So konnte zwischen den Goldkügelchen eine extrem schwache Schwerkraft von dem Bruchteil eines milliardstel Millinewtons gemessen werden. Zum Vergleich: Das entspricht etwa einem Drittel der Kraft, mit der die Erde ein rotes Blutkörperchen mit einer Masse von knapp 30 Picogramm anzieht.

Mit diesem Versuch stellten Aspelmeyer nicht einfach nur einen neuen Rekord für genaue Schwerkraftmessungen auf. Mit solchen Gravitationswaagen könnte in Zukunft auch die Gravitation zwischen noch kleineren Massen bestimmt werden. Damit ließe sich dann vielleicht sogar das Verhalten der Schwerkraft auf der Quantenebene bestimmen. Das wäre von grundlegender Bedeutung für die Physik. So könnte überprüft werden, wann und warum die theoretische Beschreibung der Schwerkraft mit den Gesetzen Isaac Newtons und der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein an ihre Grenzen stößt. Es lockt nicht weniger als ein weiterer Weg hin zur großen vereinheitlichten Theorie, die alle vier bekannten Grundkräfte – die starke und schwache Wechselwirkung, die elektromagnetische Kraft und schließlich die Gravitation – miteinander vereint.

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