Kleinste Lupe der Welt analysiert Lichtreaktionen

Britische und spanische Physiker konzentrieren Licht erstmals in atomar kleine Strukturen
In Picokavitäten aus Gold lässt sich die Wechselwirkung von Licht und Materie im Detail analysieren (künstler. Illustration)
In Picokavitäten aus Gold lässt sich die Wechselwirkung von Licht und Materie im Detail analysieren (künstler. Illustration)
© NanoPhotonics Cambridge/Bart deNijs
Cambridge (Großbritannien)/San Sebastián (Spanien) - Mit ausgeklügelten Methoden der Nahfeldmikroskopie lassen sich mit Licht Strukturen mit einer Genauigkeit von wenigen Dutzend Nanometern analysieren. Doch nun erlauben spezielle Lichtfallen viel tiefere Einblicke in die Prozesse zwischen Licht und einzelnen Molekülen. Dazu fertigten spanische und britische Physiker sogenannte Picokavitäten aus einzelnen Goldatomen, die sie vereinfacht als die derzeit kleinsten Lupen der Welt bezeichneten. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, konnten sie mit ihrer neuen Methode gezielt Molekülschwingungen anregen und messen. Von ihrer Forschung versprechen sie sich aufschlussreiche Details photochemischer Prozesse, verbesserte von Licht initiierte Katalysereaktionen und sogar neue Ansätze für optomechanische Datenspeicher.

„Mit unseren Nanostrukturen können wir Licht in einem winzigen Raum einfangen und so beobachten, wie Moleküle in Echtzeit schwingen“, sagt Jeremy J. Baumberg von der University of Cambridge. Möglich wurde dies mit Picokavitäten, die sich spontan auf einem Haufen aus Goldatomen, einem Cluster, auswölbten. An diesem Cluster hafteten einzelne Moleküle, die mit Laserlicht indirekt zu Schwingungen angeregt werden konnten. Aus der Analyse dieser Schwingungen schlossen die Forscher auf die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie auf atomarem Niveau.

Für ihre grundlegendes Experiment griffen Baumberg und Kollegen zuerst zu einer extrem glatten Goldoberfläche, die sie in einem Vakuum mit einer einatomigen Lage aus der Substanz Biphenyl-4-thiol beschichteten. Auf dieser nur einen Nanometer dünnen Schicht setzten sie einen etwa 100 Nanometer durchmessenden Cluster aus Gold. Tiefgekühlt auf minus 260 Grad Celsius wölbten sich auf der Oberfläche des Goldclusters spontan winzige Strukturen aus, die einige Minuten lang stabil waren. Genau diese Auswölbungen, die Picokavitäten, wirkten als Falle für eingestrahltes Laserlicht.

„Wie eine Hand eine Gitarrensaite anschlagen kann, ließen sich mit der Energie des Lichts die Bindungen in einem Molekül in Schwingung versetzen“, sagt Baumberg. Zur Analyse dieser Schwingungen nutzen die Wissenschaftler ein modifiziertes Lichtmikroskop, mit dem sich detaillierte Spektren aufnehmen konnten. Aus diesen Spektren ermittelten sie Details der Wechselwirkung zwischen Photon und Molekül, also zwischen Licht und Materie, mit extrem hoher Auflösung. „Dieser Grad einer Lokalisierung von Licht war bisher nur theoretisch vorhergesagt, konnte in unserem Experiment aber belegt werden“, sagt Javier Aizpurua vom Donostia International Physics Center in spanischen San Sebastián.

Aizpurua, Baumberg und Kollegen versprechen sich zahlreiche Anwendungen von diesem Ansatz. Er könnte zu Detailanalysen photochemischer und photophysikalischer Prozesse führen, wie sie etwa bei der Photosynthese von Pflanzen oder in Solarzellen auftreten. Auch neue Ansätze lichtinduzierter, katalytischer Reaktionen halten die Forscher für möglich. „Diese molekulare, optomechanische Wechselwirkung könnte sogar für das Schalten von Lichtsignalen genutzt werden“, sagt Aizpurua. Doch ob und wann diese Anwendungen dieser speziellen Lupen Realität werden, lässt sich heute noch nicht absehen.

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