Kälteschalter: Blutgerinnungshemmer wirkt nur bei niedrigen Temperaturen

Maßgeschneidertes Protein entfaltet nur dann seine Wirkung, wenn das Mittel tatsächlich benötigt wird
San Francisco (USA) - Ein temperaturabhängiges Medikament könnte künftig die Entstehung von Blutgerinnseln während Operationen oder Therapien verhindern, bei denen die Körpertemperatur des Patienten künstlich gesenkt wird. Der von australischen Medizinern entwickelte Wirkstoff arbeitet bei Temperaturen um die 22 Grad Celsius und hemmt dann die Blutgerinnung. Wird die Körpertemperatur des Patienten wieder auf 37 Grad Celsius erhöht, verliert das Protein seine Wirksamkeit und es kann nicht zu unerwünschten Blutungen aufgrund des Medikaments kommen. Die Ergebnisse vielversprechender Experimente mit Blutproben von Mäusen und Menschen stellten die Forscher auf der American Heart Association's Arteriosclerosis, Thrombosis and Vascular Biology Annual Conference vor.

"Unsere Idee war es, einen Wirkstoff zu entwickeln, der hochaktiv ist in dem Moment, in dem er gebraucht wird - wenn Patienten sich auf einer niedrigen Temperatur befinden - und der seine Funktion verliert, wenn er nicht länger gebraucht wird - wenn Patienten wieder erwärmt werden", erläuterte Karlheinz Peter vom Baker IDI Heart & Diabetes Institute in Melbourne. "Wir nutzten Biotechnologie, um ein modernes intelligentes Medikament zu schaffen. Es ist maßgeschneidert, um Blutgerinnsel während therapeutischer Hypothermie zu verhindern, und Probleme mit Blutungen zu minimieren, besonders nach dem Wiederaufwärmen." Die Forscher verwendeten gentechnologische Methoden, um zwei Eiweißstoffe miteinander zu verschmelzen. Eines der beiden Proteine ähnelt dem Strukturprotein Elastin, das Haut und anderen Organen Halt und Flexibilität verleiht und auf Temperaturveränderungen mit einer Änderung seiner Form reagiert. Der andere Teil des neuartigen Wirkstoffs hindert die für die Blutgerinnung essenziellen Blutplättchen daran, zusammenzuklumpen, indem es die dazu notwendigen Rezeptoren auf der Oberfläche dieser Blutzellen blockiert.

In Versuchen mit menschlichem Blutproben und Blut von Mäusen konnten die Forscher demonstrieren, dass der experimentelle Wirkstoff sich an die Blutplättchen heftet und verhindert, dass sie zusammenklumpen - bei kalten Temperaturen um die 22 Grad Celsius. Diese Anti-Blutplättchen-Wirkung war bei für das Blut normalen Temperaturen von 37 Grad Celsius wieder verschwunden.

Hypothermie - das künstliche Absenken der Körpertemperatur - setzen Ärzte zum Beispiel bei Operationen am offenen Herzen oder nach einem Herzstillstand ein. Die Kälte ist jedoch mit einem erhöhten Risiko für Blutgerinnsel verbunden, weshalb Medikamente verabreicht werden, die die Blutgerinnung hemmen. Da ihre Wirkung aber für gewöhnlich weiter anhält, wenn die Körpertemperatur wieder auf ein normales Maß gebracht wird, steigt das Risiko für starke Blutungen. Anders mit dem von Peter und seinen Kollegen vorgestellte Mittel, das mit erhöhter Temperatur seinen Effekt verliert.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "The Design of an Activation-Specific Platelet Inhibitor that Can Be Turned On/Off at Medically Employed Hypothermia", Karlheinz Peter et al.; American Heart Association's Arteriosclerosis, Thrombosis and Vascular Biology Annual Conference 2010 (Posterpräsentation)


 

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