Jugendlicher Weißer Hai: Überraschend schwacher Biss

Der Kiefer heranwachsender Weißer Haie würde höheren biomechanischen Belastungen durch die Beißkräfte, wie sie beim Jagen größerer Beute zustande kämen, nicht standhalten
Mithilfe von Computersimulationen untersuchten die Forscher, wie die Kiefer auf die Kräfte reagieren, die während des Fressens auftreten - in den kalten, blauen Gebieten sind die Belastungen gering, während der Kiefer an den weißen, heißen Stellen zu brechen droht
Mithilfe von Computersimulationen untersuchten die Forscher, wie die Kiefer auf die Kräfte reagieren, die während des Fressens auftreten - in den kalten, blauen Gebieten sind die Belastungen gering, während der Kiefer an den weißen, heißen Stellen zu brechen droht
© Grafik zur Verfügung gestellt von Toni Ferrara
Sydney (Australien) - Ausgewachsen ein gefürchteter Räuber mit außerordentlicher Beißkraft - jugendlich eher schwach im Biss: Der Weiße Hai ist kein geborener Super-Raubfisch, sondern benötigt Jahre, um zu dem berüchtigten Respekt einflößenden Jäger zu werden. Erst im Erwachsenenalter sind die Tiere in der Lage, tatsächlich auch große Beute wie Meeressäuger zu fangen und zu töten, haben australische Forscher herausgefunden. Im Jugendalter dagegen sind ihre Kiefer noch nicht hart genug und würden den mechanischen Belastungen nicht standhalten, berichten sie im "Journal of Biomechanics". Diese Beobachtung erklärt möglicherweise ein oft beobachtetes Verhalten der Raubfische, vermuten die Forscher: Viele Haiangriffe werden nach einem einzelnen Probebiss abgebrochen. Dies könnte daran liegen, dass es sich um jugendliche Haie handelt, die Kieferverletzungen davontragen könnten, wenn sie den Angriff fortsetzen würden.

"Wir waren überrascht, dass, obwohl die Zähne und Kiefer unserer noch nicht erwachsenen Weißen Haie ihrer Rolle durchaus angepasst zu sein schienen und auch die Muskeln da waren, um sie zu voranzutreiben, die Kiefer selbst einfach nicht mit der Belastung umgehen konnten, die mit großen Bissen an großer Beute verbunden sind", erläutert Stephen Wroe von der University of New South Wales, einer der beteiligten Forscher. Wroe und seine Kollegen untersuchten bei zwei verschiedenen Hai-Arten - dem berühmt-berüchtigten Weißen Hai und dem eher harmlosen Sandtigerhai - wie die Raubfische jagen und ihre Beute töten. Dazu setzten sie aufwändige und detaillierte Computersimulationen ein, in denen sie mithilfe dreidimensionaler Modelle die Kiefer und die auftretenden Kräfte analysierten.

Sie stellten fest: Im Gegensatz zu Säugern können Haie dank einer einzigartigen Anordnung von Kiefer und Muskeln hohe Beißkräfte aufbringen, unabhängig davon, wie weit sie ihre Kiefer öffnen. Die Kiefer des Sandtigerhais arbeiten dabei mit Federspannung, was ihnen rasche Angriffe auf kleine, sich schnell bewegende Fische ermöglicht. Die Kiefer Weißer Haie dagegen sind eher für einen Angriff mit einem kraftvollen Biss ausgerichtet, zur Jagd auf Beute, die von kleineren Fischen bis zu großen Meeressäugern reichen kann. Doch bis ein Weißer Hai eine Länge von etwa drei Metern erreicht hat, besitzen seine Kiefer noch nicht genügend ausmineralisierten Knorpel und damit auch nicht die Festigkeit, die notwendig wäre, um die bei einem solch kräftigen Biss aufkommenden Kräfte auszuhalten. "Es ist schwer zu glauben, doch mit dieser Größe sind Weiße Haie im Grunde unbeholfene Teenager, die nicht eben sehr effektiv große Beute jagen können", sagt Toni Ferrara, Wroes Kollege und Hauptautor der Studie. "Es scheint paradox, dass die Kult-Kiefer Weißer Haie tatsächlich sehr verletzlich sind, wenn diese Haie jung sind."

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Mechanics of biting in great white and sandtiger sharks", S.Wroe et al.; Journal of Biomechanics (doi:10.1016/j.jbiomech.2010.09.028)


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg