Gleichstrom gegen Bulimie
„Obwohl dies bescheidene erste Ergebnisse sind, gibt es nach nur einer Sitzung mit Transkranieller Gleichstromstimulation eine klare Verbesserung bei den Symptomen und in der Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen”, erläutert Maria Kekic vom King's College London. Bei Bulimie – auch auch Ess-Brechsucht oder Bulimia nervosa genannt – leiden die Betroffenen unter einer massiven Essstörung. Sie essen während Heißhungerattacken unkontrolliert große Mengen, erbrechen aber anschließend wieder oder versuchen auf andere – ungesunde – Weise, die massive Kalorienzufuhr wieder auszugleichen, etwa durch Hungern, Abführmittel oder massiven Sport. Das gestörte Essverhalten geht vermutlich mit Veränderungen in bestimmten Hirnregionen einher, die an der Steuerung von Belohnungsverarbeitung und Selbstkontrolle beteiligt sind. Daher vermuteten die Forscher, dass die Manipulation dieser Areale mittels Gleichstrom die Symptome der Erkrankung beeinflussen könnte.
Entsprechend hatten Kekic und ihre Kollegen in einer Doppelblindstudie 39 Bulimiepatienten, davon 37 Frauen, in drei Sitzungen von je 20 Minuten mit Transkranieller Gleichstromstimulation behandelt. Eine der Sitzungen – weder die Forscher noch die Probanden wussten welche – war dabei allerdings lediglich eine Scheinbehandlung. Vor und nach jeder Behandlung beantworteten die Patienten verschiedene Fragen rund um ihre Essstörung, etwa zu ihrer Stimmung, wie groß ihr Verlangen nach einer großen Menge Essen war oder ob sie eine Gewichtszunahme befürchteten. Außerdem berichteten sie über typisch bulimisches Verhalten in den 24 Stunden nach der Sitzung.
Die Behandlung zeigte tatsächlich Wirkung: Nach der echten Transkraniellen Gleichstromstimulation fielen typische Bulimiesymptome deutlich geringer aus als nach der Scheinsitzung. Der Drang, große Mengen Essen zu vertilgen, war gemindert und die Selbstbeherrschung gestärkt. Besonders ausgeprägt war der Effekt, wenn die Anode auf der rechten und die Kathode auf der linken Seite des Kopfes angebracht war. Wie lange die Wirkung anhält und ob sich die Methode tatsächlich für den Einsatz in der Therapie eignet, muss sich allerdings erst noch zeigen. „Mit einer größeren Stichprobe und vielen Behandlungssitzungen über einen längeren Zeitraum ist wahrscheinlich, dass die Effekte noch stärker wären”, so Kekic. „Das ist etwas, das wir nun in künftigen Studien untersuchen.”