Gentherapie korrigiert Rotgrünblindheit

Bei Affen ist es gelungen, den Gendefekt einer Farbenfehlsichtigkeit durch Übertragung eines menschlichen Gens zu korrigieren
Totenkopfäffchen
Totenkopfäffchen "Dalton" beim Test auf Farbensehen
© Neitz Laboratory, University of Washington
Seattle (USA) - Die Rotgrünblindheit beruht auf dem Defekt eines einzelnen Gens. Er bewirkt, dass die für das Farbensehen verantwortlichen Netzhautzellen nur noch zwei statt drei Arten von Sehpigmenten bilden. Jetzt ist es amerikanischen Forschern gelungen, diese beim Menschen häufigste Form der Farbenfehlsichtigkeit, bei Affen durch eine Gentherapie zu beheben. Mit der gleichen Technik könnten auch völlige Farbenblindheit und andere Sehstörungen behandelt werden, schreiben die Wissenschaftler online im Fachjournal "Nature". Überraschenderweise war das Gehirn der von Geburt an rotgrünblinden erwachsenen Tiere innerhalb weniger Wochen in der Lage, das bisher nie empfangene neue Farbsignal auch zu verarbeiten.

"Wenn sich diese Methode beim Menschen als genauso sicher erweist wie bei den Affen, glaube ich, dass viele Menschen eine solche Behandlung wünschen würden", sagt Jay Neitz von der University of Washington in Seattle. Er und seine Kollegen behandelten zusammen mit Forschern der University of Florida zwei Totenkopfaffen (Saimiri sciureus), denen das L-Opsin-Gen fehlte. Dieser genetische Defekt bewirkt, dass die Zapfen in der Netzhaut das für langwelliges, rotes Licht empfindliche Sehpigment nicht bilden können. Die Affen lernten, an einem Computerbildschirm farbige Muster zu erkennen, wobei sich bestätigte, dass sie nicht zwischen roten und grünen Farben unterscheiden konnten.

Mithilfe von gentechnisch veränderten Adeno-assoziierten Viren übertrugen die Forscher das menschliche L-Opsin-Gen in die Netzhautzellen der Tiere. Dazu waren drei Injektionen in jedes Auge nötig. Nach etwa fünf Wochen zeigten die Ergebnisse der Farbtests, dass die Tiere in der Lage waren, dreifarbig zu sehen. Sie hatten also in dieser Zeit gelernt, eine Farbe zu erkennen, die zuvor für sie unsichtbar war. Diese neue Fähigkeit hält inzwischen seit zwei Jahren an. Die Forscher hatten befürchtet, dass trotz erfolgreicher Genübertragung das Gehirn erwachsener Affen nicht mehr so anpassungsfähig sein könnte, um eine bisher nie erhaltene Information eines Sinnesorgans verarbeiten zu können. Bei gleicher Plastizität des Gehirns dürfte eine solche Gentherapie auch für erwachsene Menschen Erfolg versprechend sein.

Bei acht Prozent der Männer verursacht ein Gendefekt eine Rotgrünblindheit. Aber auch Menschen, die unter der selteneren völligen Farbenblindheit oder anderen Erkrankungen der Netzhaut leiden, könnten von einer derartigen Gentherapie profitieren. Obwohl bei den Affen keinerlei unerwünschte Nebenwirkungen auftraten, muss die Sicherheit des Verfahrens vor dem Einsatz beim Menschen noch überprüft werden.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Gene therapy for red-green colour blindness in adult primates", Katherine Mancuso et al., Nature, Online-Publikation, DOI: 10.1038/nature08401


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg