Gehirn vergisst fast nichts
"Da eine einmal gemachte Erfahrung vielleicht später noch einmal gebraucht wird, scheint das Gehirn ein paar Nervenfortsätze sozusagen 'auf Vorrat' zu behalten", erklärt Mark Hübener vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie. Damit bezieht er sich auf feine Fortsätze der Nervenzellen, die beim Erlernen neuer Informationen oder Vorgänge ausbilden. Steht eine Information an, für die es zwischen zwei Nervenzellen noch keinen Verarbeitungsweg gibt, so wachsen von der einen Zelle feine Fortsätze auf ihre Nachbarzellen zu. Bildet sich am Ende eines Fortsatzes eine spezielle Kontaktstelle, eine Synapse, so kann der Informationsaustausch beginnen - Neues wird gelernt. Löst sich der Kontakt wieder auf, meint der Mensch, das Gelernte vergessen zu haben.
Doch in Experimenten konnte nun das Team um Mark Hübener feststellen, dass ein Großteil einmal gebildeten Nervenfortsätze bestehen blieb, auch wenn das Individuum meinte, die betreffenden Informationen vergessen zu haben. Diese Erkenntnis trägt zum Verständnis der grundlegenden Vorgänge beim Lernen und Erinnern bei. Das Wiedererlernen ist also tatsächlich einfacher als das Erlernen von ganz Neuem. So könnte man in Abwandlung des Sprichworts sagen: Was Hänschen nicht lernt, kann Hans immer noch lernen. Aber Hans wird sich schwerer damit tun, wenn er nicht darauf zurückgreifen kann, was er als Hänschen gelernt hat.