Gähnen ist ansteckend - aber erst ab vier Jahren

Autistischen Kindern fällt es allerdings weitaus schwerer, sich von Gähnen anstecken zu lassen
Für viele Erwachsene ist Gähnen ansteckend - doch Kleinkinder und autistische Kinder lassen sich nicht so leicht anstecken, wenn jemand in ihrer Umgebung gähnt
Für viele Erwachsene ist Gähnen ansteckend - doch Kleinkinder und autistische Kinder lassen sich nicht so leicht anstecken, wenn jemand in ihrer Umgebung gähnt
© C. Dick-Pfaff, Wissenschaft aktuell
Storrs (USA) - Wenn jemand gähnt, gähnt so mancher mit. Kleinkinder sind allerdings noch weitgehend immun gegen das Phänomen: Die Eigenschaft, sich von der offensichtlichen Müdigkeitsbezeugung anstecken zu lassen, entwickelt sich erst im Alter von etwa vier Jahren, haben amerikanische Forscher beobachtet. Außerdem stellten sie in ihren Untersuchungen fest, dass autistische Kinder sich offenbar schwerer anstecken lassen als Altersgenossen ohne die Entwicklungsstörung. Diese Ergebnisse liefern weitere Belege dafür, dass es einen Unterschied gibt zwischen spontanem Gähnen, das ein Anzeichen für eine Pause darstellt, und einem ansteckenden Gähnen, das mit Emotionen in Zusammenhang steht. Demnach gibt es einen Zusammenhang zwischen ansteckendem Gähnen und der Entwicklung sozialer Fähigkeiten, berichtet das Forscherteam im Fachblatt "Child Development".

"Vorausgesetzt, ansteckendes Gähnen ist ein Zeichen von Empathie, legt diese Studie nahe, dass Empathie - und die Nachahmung, die ihr zugrunde liegen könnte - sich langsam über die ersten Lebensjahre hinweg entwickeln und dass Kinder mit einer Autismusspektrums-Störung dezente Hinweise verpassen, welche sie emotional an andere binden", schreiben Deborah A. Fein von der University of Connecticut und ihre Kollegen. Ihre Studie könnte damit eine Orientierungshilfe für Ansätze darstellen, mit autistischen Kindern so zu arbeiten, dass auf solche Hinweise speziell geachtet wird.

Bereits im Mutterleib gähnt das Ungeborene spontan, aber ansteckend ist es für Babys noch nicht. Doch bei Erwachsenen gähnt etwa die Hälfte ebenfalls, nachdem in ihrer Nähe jemand gegähnt hat. In ihren Untersuchungen hatten Fein und Kollegen bei 120 Kindern im Alter von 1 bis 6 Jahren getestet, wie anfällig sie für ansteckendes Gähnen sind. Damit wollten sie den Zeitraum in der Entwicklung ausmachen, in dem das Phänomen entsteht. Die Forscher stellten fest: Ab einem Alter von vier Jahren lassen sich Kinder beträchtlich häufiger anstecken als zuvor. In einer weiteren Studie mit 28 autistischen Kindern im Alter von 6 bis 15 Jahren beobachte das Team um Fein, dass sich diese weit schwerer von Gähnen anstecken lassen als gesunde Altergenossen. Diejenigen mit einer milderen Variante des Autismus waren dabei allerdings anfälliger für ansteckendes Gähnen als diejenigen mit einer voll ausgeprägten autistischen Störung.

Emotionale Ansteckung und das damit verbundene Nachahmen erlaubt es womöglich, sich bei sozialer Interaktion intuitiv in die Gefühle anderer zu versetzen. Die Fähigkeit, sich in Bezug auf Emotionen anstecken zu lassen, bietet Psychologen eine Möglichkeit, die Ursprünge automatischer sozialer Verhaltensweisen zu studieren, die möglicherweise die Grundlagen für die Entwicklung von Empathie legen.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: Society for Research in Child Development
"Contagious Yawning in Autistic and Typical Development", Molly S. Helt, Deborah A. Fein et al.; Child Development (Vol. 81, Issue 5)


 

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