Frischer Wind bläst durchs Sonnensystem

Die Richtung, aus der Atome der uns umgebenden interstellaren Gaswolke durch unser Sonnensystem ziehen, hat sich im Lauf der letzten Jahrzehnte verschoben
Der neutrale Heliumwind tritt von vorne in das Sonnensystem ein. Langsamere Teilchen werden von der Sonne stärker abgelenkt als schnelle. Je nachdem, zu welcher Jahreszeit der im Erdorbit befindliche Satellit IBEX welche Teilchen misst, können die Wissenschaftler so die Eigenschaften des interstellaren Gases bestimmen.
Der neutrale Heliumwind tritt von vorne in das Sonnensystem ein. Langsamere Teilchen werden von der Sonne stärker abgelenkt als schnelle. Je nachdem, zu welcher Jahreszeit der im Erdorbit befindliche Satellit IBEX welche Teilchen misst, können die Wissenschaftler so die Eigenschaften des interstellaren Gases bestimmen.
© NASA/GSFC/UNH
Chicago (USA) - Nicht nur auf der Erde oder anderen Planeten gibt es Wind. Das All ist zwar extrem arm an Teilchen, aber auch dort herrscht kein perfektes Vakuum. Unser Sonnensystem fliegt etwa gerade durch eine riesige Gaswolke, deren Dichte etwas höher liegt als im umliegenden Medium. Offensichtlich besitzt auch diese lokale interstellare Wolke, wie dieses Objekt heißt, verschiedene Windrichtungen, wie ein internationales Team von Astronomen nun herausfinden konnte. Seit Beginn der Messungen mit Satelliten vor vierzig Jahren hat sich die Richtung, aus der Teilchen dieser Wolke durch unser Sonnensystem fliegen, um mehr als sechs Grad gedreht, schreiben die Forscher im Fachblatt „Science“.

„Die Variationen in der Richtung des interstellaren Windes könnten ein Anzeichen dafür sein, dass die galaktische Umgebung unseres Sonnensystems sich ändert“, berichtet Priscilla Frisch von der University of Chicago. Die Forscher stießen auf dieses Phänomen, als sie Daten der Raumsonde Interstellar Boundary Explorer, kurz IBEX, auswerteten. IBEX kreist seit 2008 um die Erde und sucht nach neutralen Atomen, die von außerhalb unseres Sonnensystems stammen und Hinweise auf das interstellare Umfeld geben können. Vor allem neutrales Helium ist ein guter Botenstoff, um die Richtung und Stärke des interstellaren Gases zu erforschen. Da es keine elektrische Ladung trägt, beeinflussen die Magnetfelder im Sonnenwind es nicht. So kann dieses Helium relativ ungehindert durch unser Sonnensystem strömen und wird praktisch nur durch die Schwerkraft der Sonne abgelenkt.

Als die Forscher in den IBEX-Daten seltsame Variationen sahen, zogen sie deshalb Daten von zehn verschiedenen Satelliten seit den 1970er Jahren heran, teilweise auch noch von Weltraummissionen der Sowjetunion. Wie sie sahen, hatte sich die vorherrschende Windrichtung geändert. Auf die Erde hat dies jedoch keinen Einfluss. Nur die neutralen Teilchen können durch den Sonnenwind dringen. Und das Gas in der lokalen interstellaren Wolke ist zwar rund 6.000 Grad heiß, aber so extrem dünn, dass es kaum Wärme zu übertragen vermag. Dort findet sich nur ein Atom auf drei Kubikzentimeter – im Vergleich zu zwölf Milliarden Atomen pro Kubikzentimeter am Rand der Erdatmosphäre zum Weltraum. Unser Sonnensystem wird noch über 10.000 Jahre durch diese Gaswolke fliegen, die es mit einer Geschwindigkeit von gut 80.000 Kilometern pro Stunde durchquert.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg