Flugverkehr-Analyse sagt Ausbreitung der "Schweinegrippe" voraus

Das Ausbreitungsmuster des H1N1-Virus ließ sich über die Analyse des weltweiten Flugverkehrs akkurat prognostizieren
Toronto (Kanada) - Wer die Flugrouten kennt, kann den Weg von Seuchen vorausberechnen. Denn heutzutage spielt der internationale Flugverkehr eine Hauptrolle bei der Ausbreitung ansteckender Krankheiten. Das zeigten jetzt kanadische Forscher, deren Analysesystem akkurat die Ausbreitung des H1N1-Virus über die vergangenen Monate vorhergesagt hatte. Das Projekt namens BIO.DIASPORA entstand 2003 als Reaktion auf die SARS-Krise, die Toronto empfindlich traf. Details berichten die Wissenschaftler im "New England Journal of Medicine".

"Zum ersten Mal können wir Information über Flugreisemuster und Information über weltweite Seuchenbedrohung schnell zusammenbringen - das bedeutet, dass Städte und Länder rund um die Welt jetzt früher und intelligenter auf bedrohliche Nachrichten reagieren können", so der Mediziner Kamran Khan, Seuchenspezialist am St. Michael's Hospital in Toronto. Sein Team hatte im März und April die Flugpläne von 2,3 Millionen Passagieren kommerzieller Airlines analysiert, die von mexikanischen Flughäfen abflogen. Vor dem tatsächlichen epidemischen Auftreten des H1N1-Virus legten sie einen 122seitigen Bericht vor, der die kanadischen Behörden auf den Umgang mit der Krankheit vorbereiten sollte. Die Ergebnisse jedoch lassen sich offenbar auch auf andere Staaten ausrichten: Sie zeigen einen engen Zusammenhang zwischen den weltweiten Zielen der Reisenden und den bestätigten Krankheitsfällen des Virus rund um den Globus.

"Das BIO.DIASPORA Project lieferte erstmals ein sehr akkurates Bild nicht nur davon, wohin die Seuchen reisen werden, sondern auch wie oft und wann", so Michael Gardam von den kanadischen Gesundheitsbehörden, die das Projekt unterstützten. Haupterkenntnisse des Berichts lauteten:
Wenn die typischen Faktoren für Seuchenauftreten und -ausbreitung mit hohem Volumen kommerziellen Flugverkehrs kombiniert werden, kann dies zur globalen Verbreitung der Seuche führen. Zu diesen Faktoren gehören: Armut, hohe Bevölkerungsdichte, große Nähe von Mensch und Tier, eingeschränktes Gesundheitssystem, schlecht entwickelte Seuchenüberwachung und Mangel an Krankenpersonal.

Mit dem System lassen sich Knotenpunkte im In- und Ausland identifizieren, an welchen die Seuchenvorbeugung mit Gesundheitskontrollen ansetzen und wo Gesundheitsbehörden besonders wachsam sein müssen. Für Kanada ließ sich ermitteln: 80 Prozent aller international Reisenden gelangen über vier Entwicklungsländer (China, Mexiko, Indien, Philippinen) und neun Industriestaaten (USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Japan, Südkorea, Taiwan) ins Land. Sechzig Prozent der Einreisenden reisen nicht im Direktflug. Davon nutzt die allein Hälfte nur 9 Umsteigeflughäfen, von London über Frankfurt bis Chicago. Die gefährdetsten Städte Kanadas sind wegen ihres Flugverkehrs Toronto, Vancouver und Montreal.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "The BIO.DIASPORA Project: An Analysis of Canada's Vulnerability to Emerging Infectious Disease Threats via the Global Airline Transportation Network", K. Kahn et al.


 

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