Federn machen echte Kerle
"Eine einfache Veränderung im Aussehen hatte frappierende physiologische Konsequenzen für diese Rauchschwalbenmännchen, was eine große Überraschung war", erklärt Rebecca Safran von der University of Colorado at Boulder. Übertragen auf einen Mann, der gerade in einem neuen Anzug aus einem Bekleidungsgeschäft kommt, könne dies bedeuten: "Wenn er sagt, er fühlt sich einfach unwiderstehlich, dann geschieht da möglicherweise auch irgendein biochemisches Feedback." Safran und ihre Kollegen hatten 63 Männchen der Nordamerikanischen Rauchschwalbe (Hirundo rustica erythrogaster) zu Beginn der Brutsaison eingefangen, während die Vögel an den Brutplätzen eintrafen und sich auf die Suche nach einer Partnerin machten. Etwa bei der Hälfte der Tiere färbten sie das Brustgefieder so dunkel, dass es dem bei den Weibchen besonders begehrten Tiefrot entsprach. Sie entließen die Rauchschwalben dann wieder in die Freiheit, um sie eine Woche später wieder einzufangen und die Werte ihrer Sexualhormone zu messen.
Bei denjenigen Rauchschwalben, deren Brustgefieder sie in ein tiefes Rot umgefärbt hatten, stellten die Biologen deutlich höhere Testosteronwerte fest - vermutlich nach häufigen amourösen Abenteuern mit dem anderen Geschlecht und einigen Konflikten mit konkurrierenden Männchen. "Die experimentelle Manipulation hatte nicht nur ihr Aussehen in den Augen der Weibchen verbessert, sondern auch tatsächlich ihre Körperchemie verändert", sagt Safran. Gewöhnlich gehen Biologen davon aus, dass es körpereigene Prozesse sind, welche äußerliche Merkmale bestimmen. Demnach würde die Physiologie die Federn formen und nicht umgekehrt. Die Ergebnisse von Safran und ihren Kollegen zeigen jedoch, dass die äußere Erscheinung den Hormonstatus einer Rauchschwalbe, also allein eine Farbveränderung ihre Körperphysiologie beeinflussen kann.