Faules Auge: Videospiele lindern Sehschwäche bei Erwachsenen

Schon nach relativ kurzer Zeit zeigen sich deutliche Verbesserungen bei Schwachsichtigkeit
Berkeley (USA) - Gegen Schwachsichtigkeit kann eine ungewöhnliche Therapie helfen und das sogar noch im Erwachsenenalter: Videospiele. Rund 40 Stunden Spiel stärken das schwache Auge merklich. Dieses verblüffende Ergebnis liefert eine kleine Pilot-Studie, über die amerikanische Forscher im Fachblatt "PloS Biology" berichten. Besonders interessant ist die Tatsache, dass die Videospiel-Therapie Erwachsenen hilft, denn bislang galt die sogenannte Amblyopie - auch Schwachsichtigkeit genannt - nach der Kindheit als nicht mehr behandelbar. In weiteren Studien wollen die Wissenschaftler nun in größerem Umfang und sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen die mögliche therapeutische Wirkung von Videospielen bei der Sehschwäche näher prüfen.

"Diese neue Studie ist die erste, die zeigt, dass das Spielen von Videospielen nützlich ist, um die verschwommene Sicht von Erwachsenen mit Amblyopie zu verbessern", erläutert Roger Li von der University of California in Berkeley. "Dieses Ergebnis hat mich sehr überrascht. Ich hätte nicht erwartet, diese Art von Verbesserung zu sehen." Li und seine Kollegen testeten den Effekt unterschiedlicher Videospiele bei 20 an Amblyopie leidenden Freiwilligen im Alter von 15 bis 61 Jahren. Sie hatten bereits festgestellt, dass spezielle Übungen die Einschränkungen der Sehkraft durchaus lindern können. Diese sind jedoch eher langweilig, was es anstrengend macht, bei der Sache zu bleiben. Außerdem helfen sie nur für jeweils ganz bestimmte angesprochene optische Reize - zum Beispiel horizontale Linien. Andere Aspekte - in diesem Fall etwa vertikale Linien - bleiben unbeeinflusst. In der nun vorgestellten Pilot-Studie spielten die Probanden mit ihrem schwachen Auge zwei Stunden täglich und für schließlich insgesamt 40 oder 80 Stunden ein Videospiel. Das starke Auge war mit einem schwarzen Pflaster abgedeckt.

Tests des Sehvermögens der Probanden zeigten: Sowohl Action-Spiele, bei denen etwa auf Ziele geschossen wurde, als auch ruhigere Videospiele, bei denen Dinge konstruiert werden sollten, erzielten schon nach dieser relativ kurzen Zeit merkliche Verbesserungen der Sehfähigkeit. Die Forscher konnten zudem durch weitere Experimente ausschließen, dass allein ein Pflaster zu tragen schon eine Wirkung zeigte. "Ein Videospiel zu spielen, macht viel mehr Spaß als einfach nur ein Pflaster zu tragen, weshalb wir hoffen, dass es von Kindern eher angenommen wird", sagt Lis Kollege Dennis M. Levi. Ein Pflaster über dem Auge zu haben, könne Kindern peinlich sein, und die Hoffnung sei, dass es zu einer schnelleren Verbesserung komme, wenn sie dabei eine intensive Aufgabe erfüllen müssen wie ein Videospiel zu spielen. Obwohl ihre Ergebnisse sehr vielversprechend sind, betonen die Forscher, dass sie noch vorläufig sind und aus einer kleinen Studie stammen, die durchaus Schwächen hat. So waren die einzelnen Versuchsgruppen zum Beispiel unterschiedlich groß. Li rät ausdrücklich vom Selbstversuch ab: "Man muss definitiv mit seinem Augenarzt zusammenarbeiten."

Amblyopie oder Schwachsichtigkeit - im Englischen auch "lazy eye" genannt - ist eine Sehschwäche, die auf eine Entwicklungsstörung des Sehsystems in frühester Kindheit zurückgeführt wird. Es kommt zu einer verminderten Sehschärfe, die schwer vollständig mit Sehhilfen korrigiert werden kann. Bei Kleinkindern wird die Schwäche dadurch behandelt, das stärkere Auge mit einem Pflaster zu verdecken, so dass sich das schwächere mehr anstrengen muss und dessen Sehkraft gestärkt wird. Es kann dabei allerdings 120 Stunden dauern, bis überhaupt ein Effekt erzielt wird.

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Quelle: "Video-Game Play Induces Plasticity in the Visual System of Adults with Amblyopia", Roger W. Li, Dennis M. Levi et al.; PLoS Biology (doi:10.1371/journal.pbio.1001135)


 

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