Eunuchen lebten länger

Kastrierte Männer am koreanischen Königshof hatten eine deutlich höhere Lebenserwartung als ihre unversehrten Geschlechtsgenossen
Wappen aus der Zeit der Chosun-Dynastie
Wappen aus der Zeit der Chosun-Dynastie
© Darkstyx (gemeinfrei)
Incheon (Korea) - Männliche Sexualhormone könnten eine wesentliche Ursache dafür sein, dass Männer im Schnitt früher sterben als Frauen. Das bestätigt jetzt eine Studie, die historische Aufzeichnungen der Lebensdaten von Adligen am koreanischen Königshof ausgewertet hat. Demnach erreichten die Eunuchen des Palasts ein deutlich höheres Alter als gleichrangige Amtsträger mit unversehrten Geschlechtsorganen, berichten die Forscher im Fachblatt „Current Biology“. Die kürzeste Lebensdauer hatten übrigens die Könige und deren männliche Verwandten.

„Unsere Ergebnisse liefern einen wichtigen Beitrag zum Verständnis darüber, warum sich die Lebenserwartung von Männern und Frauen unterscheiden“, sagt Kyung-Jin Min von der Inha University in Incheon. Er und seine Kollegen werteten Ahnentafeln adliger Mitglieder des Königshofes aus der Zeit der Chosun Dynastie (1392-1910) aus. Dort tätige kastrierte Männer durften heiraten und kastrierte Jungen adoptieren. Die Kinder verloren ihre Hoden entweder durch einen Unfall – meist durch Hundebisse –, oder ließen sich freiwillig kastrieren, um Zugang zum Palast zu erhalten. Aus den Lebensdaten von 81 dieser Eunuchen ermittelten die Forscher eine mittlere Lebensdauer von 70 Jahren. Nicht kastrierte Palastbewohner in ähnlicher gesellschaftlicher Stellung wurden im Schnitt nur 51-56 Jahre alt. Drei der Eunuchen erreichten ein Alter von 100 bis 109 Jahren. Damit war der Anteil an Hundertjährigen unter den kastrierten Männern mindestens 130-mal größer als unter den Männern in heutigen Industriestaaten.

Die höhere Lebenserwartung hing nicht mit dem privilegierten Leben im Palast zusammen; denn die männlichen Mitglieder der Königsfamilie wurden durchschnittlich nur 46 Jahre alt. „Unsere Studie unterstützt die Annahme, dass männliche Sexualhormone die Lebensspanne von Männern verkürzen“, schreiben die Forscher. Und welche Schlussfolgerung können Männer nun aus diesem Ergebnis ziehen? „Stress vermeiden und so viel wie möglich von Frauen lernen“, so die ausweichende Antwort der Wissenschaftler. Als Ursache für den negativen Einfluss männlicher Sexualhormone auf die Lebenserwartung wird vermutet, dass sie Immunfunktionen schwächen und die Anfälligkeit für Herz-Kreislauferkrankungen erhöhen. Im Widerspruch zur neuen Studie steht eine andere Untersuchung, in der zwischen der Lebensspanne von kastrierten und nicht kastrierten Sängern kein Unterschied nachgewiesen werden konnte.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg