Ethisch unbedenkliche Stammzellen: Deutsche Forscher verbessern die Technik

Nervenstammzellen von Mäusen können durch Übertragung von nur zwei Genen reprogrammiert werden
Münster - Körperzellen erwachsener Säugetiere lassen sich in den Zustand embryonaler Stammzellen zurückführen, ohne dass dazu Embryonen oder Eizellen benötigt werden. Um so genannte induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) zu erzeugen, schleust man über Viren vier Gene in das Erbgut der Zellen ein. Jetzt ist es deutschen Forschern gelungen, das Gleiche mit nur zwei übertragenen Genen zu erreichen. Dies verringert das Risiko, Krebswachstum auszulösen, und verbessert so die Aussichten auf einen therapeutischen Einsatz, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Nature".

"Dass wir jetzt nur noch zwei Faktoren brauchen, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind", sagt Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster. Noch aber sei das Ziel nicht erreicht, Körperzellen ganz ohne Viren so zu reprogrammieren, dass daraus Zellen mit dem Potential embryonaler Stammzellen entstehen. Solche ethisch unbedenklich erzeugten patienteneigenen iPS-Zellen ließen sich, ohne Abstoßungsreaktionen auszulösen, zur Geweberegeneration einsetzen. Das bisherige Verfahren hatte ein doppeltes Krebsrisiko mit sich gebracht: Zum einen spielt eines der übertragenen Gene (c-Myc) selbst bei der Krebsentstehung eine Rolle. Zum anderen birgt jeder Einbau von Genen durch Viren die Gefahr, dass versehentlich Krebsgene aktiviert werden.

Zusammen mit Martin Zenke von der Universität Aachen ist es Schölers Forschungsteam gelungen, das bisher benötigte Genquartett - Oct4, Sox2, c-Myc und Klf4 - auf die beiden Gene Oct4 und Klf4 zu reduzieren. Alle diese Gene bewirken die Produktion von Proteinen, so genannten Transkriptionsfaktoren, die die Aktivität anderer Gene regulieren. Allerdings gingen die Forscher bei ihren Experimenten nicht von Hautzellen aus, sondern benötigten dazu weniger leicht zugängliche neurale Stammzellen, die sie dem Gehirn von Mäusen entnahmen. Aus diesen adulten Stammzellen gehen normalerweise die verschiedenen Typen von Hirnzellen hervor. Neurale Stammzellen produzieren bereits erhöhte Mengen an Sox2- und cMyc-Proteinen. Die entsprechenden Gene sind also bereits ausreichend aktiv und brauchen nicht zusätzlich eingeschleust zu werden.

Diese Zellen eignen sich jedoch schlecht als Ausgangszellen für eine Therapie, da sie dem Patienten aus dem Gehirn entnommen werden müssten. "Dank der neuen Erkenntnisse können wir jetzt aber gezielter nach Zelltypen im Körper suchen, die sich ähnlich gut eignen, aber leichter zugänglich sind", sagt Schöler. Außerdem können die Forscher nun besser Wirkstoffe testen, die die entsprechenden Gene aktivieren und dadurch eine Reprogrammierung auslösen, so dass auf den Einsatz von Viren ganz verzichtet werden kann.

MPI für molekulare Biomedizin, Münster
Quelle: "Pluripotent stem cells induced from adult neural stem cells by reprogramming with two factors", Jeong Beom Kim et al.; Nature, Online-Vorabpublikation, doi: 10.1038/nature07061


 

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