Ernährungsumstellung ließ Grauwale die Eiszeiten überstehen
"Unsere Daten sagen aus, dass - wenn höhere Schätzungen [über die Populationsgrößen] korrekt sind - Grauwale es in einer Anzahl durch die Eiszeiten geschafft haben, die ausreichend groß war, um einen genetischen Flaschenhals zu vermeiden", erklärt Nicholas D. Pyenson vom Smithsonian-Museum in Washington DC. Wären die Grauwal-Populationen auf einem niedrigeren Stand gewesen, hätten sie während der Eiszeiten nur mit lediglich hunderten oder wenigen tausenden Exemplaren überlebt. Bei einem solchen sogenannten Flaschenhals geht eine Population sogar so sehr zurück, dass die genetische Vielfalt der Art deutlich leidet und sie sich in Folge dessen schwerer an neue Gegebenheiten anpassen kann. Bei Grauwalen aber konnten im Erbgut bislang keine Anzeichen eines solchen Engpasses gefunden werden. Dies legt nahe, dass ihre Zahl stets groß genug war.
Grauwale (Eschrichtius robustus) gibt es seit mindestens 2,5 Millionen Jahren - in diesem Zeitraum hat die Erde mehr als vierzig große Zyklen des Erwärmens und Abkühlens hinter sich gebracht. Jeder einzelne hatte dabei einschneidenden Einfluss auf Tier- und Pflanzenwelt. Pyenson und sein Kollege David Lindberg von der University of California in Berkeley hatten sich die vergangenen 120.000 Jahre angesehen. Sie berechneten, wie sich die Klimaveränderungen und die damit verbundenen Veränderungen des Meeresspiegels auf die Futterressourcen der Grauwale ausgewirkt haben dürften und wie viel Futter etwa notwendig ist, um einen Grauwal am Leben zu halten. Ihre Schlussfolgerung: Damit eine Population während der Eiszeit nicht unter eine Zahl von 5.000 bis 10.000 Walen sinkt - die notwendig ist, um den genetischen Flaschenhals zu vermeiden -, muss die Population in den wärmeren Zeiten zuvor rund 70.000 Exemplare stark gewesen sein. Um aber diese ausreichend große Population aufrechterhalten zu können, mussten Grauwale auch alternative Futterquellen genutzt haben.