Der Ursprung der Monsterwellen

"Alle unsere Ergebnisse unterstützten die Hypothese, dass Wellenbrechung und nicht Resonanzeffekte für diese extremen Ereignisse verantwortlich ist", schreiben Hans-Jürgen Stockmann und seine Kollegen von der Universität Marburg. Unterstützt von amerikanischen Physikern entwickelten sie ein Laborexperiment, in dem Mikrowellen im Frequenzbereich zwischen 7 und 15 Gigahertz das Verhalten der Ozeanwellen simulierten. In einem Hohlraum zwischen zwei Metallplatten regten sie Mikrowellen an, deren Wellenlänge deutlich größer war als die Dimensionen des Experiments. Die Ausbreitung der Mikrowellen wurde dabei durch willkürlich verteilte Metallkegel in dem Hohlraum beeinflusst.
Mit diesem Modell stellten die Physiker die Bedingungen für die Wellenausbreitung in den Ozeanen nach. Nun konnten sie das Verhalten der Wellen über verschiedene Frequenzen in ihrem Experiment beobachten. Tatsächlich entwickelten die Mikrowellen durch die Brechung an den Metallkegeln teilweise erstaunlich hohe Amplituden. Zur Erklärung genügten einfache lineare Zusammenhänge für die Wellenausbreitung. Komplexe, nicht-lineare Effekte, die bislang für die Entstehung von Monsterwellen vermutet wurden, konnten dagegen vernachlässigt werden.
Diese Simulationen von Monsterwellen in harmlosen Mikrowellenversuchen haben das Potenzial, tatsächlich die Risiken auf den offenen Ozeanen genauer bestimmen zu können. Analog zu den Metallkegeln im Experiment bieten detaillierte Karten, in denen auch Gebirge und Hindernisse unter Wasser verzeichnet sind, eine Grundlage für eine Berechnung des Brechungsverhalten der Meereswellen. Nach der Veröffentlichung könnten nun andere Forschergruppen die Marburger Experimente wiederholen und weiter verfeinern. Bis die Entstehung der Monsterwellen - unterteilt in die drei Unterarten Kaventsmann, Weiße Wand und Drei Schwestern - vollständig verstanden ist, werden jedoch noch einige Jahre vergehen. Danach wäre die Entwicklung eines "Freak-Index", den Reedereien bei ihrer Routenplanung berücksichtigten könnten, durchaus vorstellbar.