Der Mensch sieht auch mit den Händen

Die Hände sind für den Menschen ein oft unterschätztes Wahrnehmungsorgan, wie jetzt neue psychologische Experimente zeigen
Hände bestimmen in hohem Maße mit, wie wir Dinge in unserer Reichweite wahrnehmen.
Hände bestimmen in hohem Maße mit, wie wir Dinge in unserer Reichweite wahrnehmen.
© Wikipedia / Public Domain
Jerusalem (Israel) - Der Raum in Reichweite der Hände - dort, wo Greifen und Berühren stattfinden kann - ist als "Handlungsraum" in der Psychologie bereits bekannt. Jetzt haben israelische Forscher zeigen können, dass visuelle Informationen in ganz entscheidendem Maße erst über die Hände zum Gehirn gelangen. In Experimenten mit Menschen, denen ein Arm amputiert werden musste, zeigen die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift "Psychological Science", dass sich bei Verlust einer Hand die Wahrnehmung stark verändert.

Das Team um Tamar R. Makin von der Hebrew University of Jerusalem konnte Menschen, denen der rechte oder der linke Arm amputiert worden war, für ein Experiment gewinnen. Den Versuchspersonen wurde auf einem Bildschirm ein Kreuz gezeigt. Links und rechts von dem kreuz wurden kurz zwei Quadrate eingeblendet. Die Versuchsteilnehmer sollten nun angeben, welches der Quadrate weiter vom Kreuz entfernt war.

Es zeigte sich, dass dann, wenn das rechte Quadrat tatsächlich etwas weiter vom Kreuz in der Mitte entfernt war als das linke, die rechtsamputierten Versuchsteilnehmer es als ebenso weit vom Kreuz wähnten wie das linke. Umgekehrt - wenn das linke Quadrat etwas weiter vom Kreuz entfernt war als das rechte - glaubten die linksamputierten Versuchspersonen, beide Quadrate seien gleich weit vom Kreuz entfernt. Versuchspersonen, die etwas weiter weg vom Bildschirm saßen - weiter als jene etwa 30 Zentimeter, die den Handlungsraum ausmachen - schätzten die Entfernung der Quadrate trotz ihrer Armamputation richtig ein. Die Einschränkung des Handlungsraums durch den Verlust eines Arms bewirkt also eine dauerhafte Störung der Raumwahrnehmung, jedoch nur bei Entfernungen in Reichweite. Wenn etwas ohnehin nicht mehr mit Händen zu greifen wäre, ist auch die Wahrnehmung nicht mehr gestört.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Amputees 'Neglect' the Space Near Their Missing Hand", Tamar R. Makin, Meytal Wilf, Ehud Zohary, Isabella Schwartz, Psychological Science, Psychological Science, 2010, im Druck


 

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