Das eigene Genom in drei Stunden entschlüsselt
"Graphen ist das ideale Material, um daraus Nanospalten für Sequenzierzwecke zu machen", schreibt Postma, der schon viele Jahre an Nanopartikeln aus Kohlenstoff forscht. Da die erst vor wenigen Jahren entdeckten Graphen-Schichten gerade nur eine Atomlage dick sind, könnten aus ihnen hochempfindliche Lesegeräte für Erbgutstränge hergestellt werden. Postma schlägt vor, dass lange Abschnitte eines menschlichen DNA-Moleküls, gesteuert durch elektrische Spannungen, durch einen feinen Riss in der Graphenschicht durchgeschleust werden sollen. Zugleich soll eine zweite Spannung parallel dazu an die Kohlenstoffmembran angelegt werden.
Schlängelt sich nun das Erbgut-Molekül durch den Kohlenstoff-Riss, kann ein kleiner Strom durch die vier verschiedenen Basen - Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin - fließen. Dieser Stromfluss sollte jedoch für jede Base andere Werte annehmen. Aus dieser Messung der elektrischen Eigenschaften der Biomoleküle soll die Reihenfolge der Basen und damit der Aufbau der DNA rasch zu bestimmen sein. Ein solcher Sequenzierdetektor könne laut Postma relativ einfach aus zwei Glasplatten aufgebaut werden, die die geschlitzte Graphenlage wie ein Sandwich umschließen.
Erste Techniken, um Postmas Idee zu testen, existierten bereits. "Nanorisse in Graphenschichten konnten schon mit dem Einsatz von Rastertunnelmikroskopen und durch das katalytische Schneiden mit Metallpartikeln demonstriert werden", sagt Changgu Lee von der Colombia University. Und auch die Messung von extrem kleinen Strömen und Spannungen, die durch einzelne Moleküle fließen, ist prinzipiell möglich. Ob aber das kontrollierte Durchschleusen der Erbgutstränge durch den Nanoriss funktioniert, müssen erste Versuche zeigen.
Mit seiner Idee reiht sich Henk Postma in die Reihe der Wissenschaftler ein, die auf die 10 Millionen Dollar Preisgeld des so genannten X-Prize für Genomik schielen. Gewinner wird, wer als erstes 100 individuelle Genome innerhalb von zehn Tagen vollständig mit einer Genauigkeit von mindestens 98 Prozent sequenziert. Die Kosten dürfen dabei nicht höher als 10.000 Dollar pro Genom liegen. Ein Ziel, das sich zumindest theoretisch durchaus mit dem Graphen-Sequenzierer erreichen ließe.