Besonders gut vernetzt – Einsteins Hirnhälften hielten engen Kontakt
Und obwohl Einsteins Gehirn nicht außergewöhnlich groß war: Es wies tatsächlich deutlicher mehr Verbindungen auf als bei sämtlichen Vergleichspersonen der Studie. Auch eine Asymmetrie der Schläfenlappen spricht für kreative Intelligenz, schreiben die Forscher im Fachblatt „Brain“. Ihre Methode liefert Hirnforschern eine ganz neue Methode, die interne Vernetzung von Gehirnen zu untersuchen.
„Diese Untersuchung erreicht mehr als jede andere bisher wirklich ans 'Innere' von Einsteins Gehirn“, erklärt Dean Falk, Evolutions-Anthropologe an der Florida State University. Er hatte im Vorjahr die Oberflächen von Einsteins Hirn anhand von sehr detaillierten Fotos untersucht. Jetzt nutzte Hauptautor Weiwei Men, Physiker an der East China Normal University, diese Bilder auch für seine neue Analysetechnik. Gemeinsam mit Kollegen aus China und den USA vermaß er die Dicke einzelner Nervenstränge des Corpus Callosum und versah sie mit Farben.
Je dicker, desto mehr Nervenfasern enthält eine Verbindung – und desto besser sind die beiden Hirnhälften in bestimmten Arealen miteinander verbunden. So finden sich die Strukturen zum Lösen von Rechenaufgaben etwa im hinteren Bereich, jene für Handbewegungen deutlich weiter vorne. Das gesamte Nervenbündel des Corpus Callosum besteht aus vielen Millionen einzelner Fasern. So ermöglicht es das Zusammenspiel der eher intuitiv, emotional und bildhaft arbeitenden rechten Hirnhälfte mit der eher fürs Rationale, Analytische und die Sprache zuständige linke Hirnhälfte.
Seit Einsteins Tod hatten sich Untersuchungen bisher nur auf die Form und Gewebestruktur der Gehirnmasse selbst konzentriert. Erst kürzlich, 2012, hatte Falk 14 neu wieder aufgetauchte Fotografien genauer analysiert, die heute im National Museum of Health and Medicine liegen. Auf einigen von ihnen sind auch die linke und rechte Innenseite des Gehirns und in großem Detail das verbindende Faserbündel Corpus Callosum zu sehen. Damals hatte Falks Team festgestellt, dass Einsteins Hirn einen ungewöhnlichen ausgeprägten präfrontalen Cortex besaß – jenen Bereich des Stirnlappens, der für das Regeln von Emotionen und das Planen von Handlungen zuständig ist. Auch waren die Bereiche für sensorische und motorische Aktivität größer und dichter gefaltet als üblich.
Nachdem in der aktuellen Studie nun sichtbar war, dass auch Einsteins Corpus Callosum gut ausgeprägt war, wollten die Forscher feststellen, wie sehr dies von den Hirnstrukturen anderer Menschen abwich. Sie wandten ihre Technik auch auf Gehirnbilder von 67 lebenden Menschen an, die mithilfe von Magnetresonanztomographie entstanden waren. Als Vergleichspersonen dienten allesamt gesunde Rechtshänder wie Einstein: in der ersten Gruppe 15 Männer im Alter des alten Einstein, er starb mit 76 Jahren – in der zweiten Gruppe 52 erst 26-jährige Männer – in diesem Alter hatte Einstein sein „Wunderjahr“, 1905. Damals hatte er jene vier Artikel veröffentlicht, unter anderem über seine Relativitätstheorie, die die Physik von Raum und Zeit revolutionieren sollten. Tatsächlich zeigte sich auch im direkten Vergleich die Außergewöhnlickeit des Forscherhirns: Egal ob ältere oder jüngere Vergleichspersonen: Einstein besaß mehr und ausgeprägtere Verbindungen zwischen seinen Hirnhälften.