Bakterien fördern die Vermehrung der Weißen Fliege

Rickettsien, die in den Zellen der Schadinsekten leben, begünstigen die Fortpflanzung ihres Wirts ganz enorm
Tucson (USA) - Eine enge Lebensgemeinschaft mit Bakterien erhöht die biologische Fitness von Weißen Fliegen. Die Pflanzenschädlinge vermehren sich in der Symbiose mit Bakterien der Gattung Rickettsia fast doppelt so stark, indem sie sich schneller entwickeln und mehr Eier legen, berichten amerikanische Forscher. Die Rickettsien leben im Innern der Wirtszellen und werden von den weiblichen Tieren auf die Nachkommen übertragen. Daher steigern die Bakterien ihre eigene Verbreitung zusätzlich, indem sie dafür sorgen, dass mehr weibliche als männliche Nachkommen entstehen. In nur sechs Jahren haben sich die symbiontischen Rickettsien in der gesamten Population eines Typs von Weißen Fliegen ausgebreitet. Wenn es gelänge, die Bakterien genetisch so zu verändern, dass sie ihrem Wirt mehr schaden als nutzen, könnte man ihre schnelle Ausbreitung möglicherweise zur biologischen Schädlingsbekämpfung nutzen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Science".

"Es ist nicht selten, dass Mikroben ihrem Wirt auch einige Vorteile verschaffen, aber das Ausmaß der gesteigerten Fitness, das wir hier gefunden haben, ist ungewöhnlich", sagt Martha Hunter von der University of Arizona in Tucson. Ihr Forscherteam untersuchte die Symbiose zwischen einer bestimmten Unterart der Weißen Fliege (Bemisia tabaci) und dem Bakterium Rickettsia bellii. Trotz ihres Namens gehören diese Insekten nicht zu den Fliegen, sondern zu den Mottenschildläusen. Auch mehrere andere Arten solcher Läuse werden als Weiße Fliege bezeichnet. Der hier untersuchte B-Biotyp befällt mehr als 600 Pflanzenarten. Indem sich die Insekten von den Pflanzensäften ernähren und durch zuckerhaltige Ausscheidungen, den so genannten Honigtau, den Pilzbefall fördern, verursachen sie auch bei Nutzpflanzen wie Baumwolle und Gemüsesorten große Schäden.

Im Jahr 2000 fanden die Forscher im Südwesten der USA die Rickettsien nur bei einem Prozent der Weißen Fliegen. 2003 war die Hälfte der Population befallen und inzwischen lässt sich das Bakterium in fast allen dieser Insekten nachweisen. "Diese Bakterien können eine Insektenpopulation in sehr kurzer Zeit transformieren", sagt Hunter. Auf noch unbekannte Weise führt die Symbiose dazu, dass die Insekten mehr Eier legen, dass sie sich schneller entwickeln und dass ein größerer Prozentsatz das Erwachsenenstadium erreicht. Von diesen Veränderungen profitieren sowohl die Bakterien als auch ihr Wirt. Die befallenen Weißen Fliegen produzieren aber auch mehr weibliche als männliche Nachkommen, was lediglich für die Rickettsien von Vorteil ist.

Die Forscher wollen nun herausfinden, auf welche Weise die Bakterien die biologische Fitness der Insekten verbessern. Denkbar wäre, dass sie unter anderem die Abwehr der Pflanzen beim Insektenbefall schwächen. Dabei stellt sich die Frage, ob es möglich wäre, die Bakterien so zu verändern, dass sie das Gegenteil bewirken: die Pflanzen widerstandsfähiger machen oder die Vermehrungsrate der Insekten verringern. Diese Mikroben könnten dann, wenn sie sich genauso schnell ausbreiten wie die Ausgangsform, zur biologischen Schädlingsbekämpfung genutzt werden und helfen, den Einsatz von Insektiziden zu verringern.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Rapid Spread of a Bacterial Symbiont in an Invasive Whitefly Is Driven by Fitness Benefits and Female Bias," by Anna G. Himler et al.; Science, Vol. 332, p. 254
Perspectives: "Rapid Insect Evolution by Symbiont Transfer", Francis M. Jiggins, Gregory D.D. Hurst, Science, Vol. 332, p. 185


 

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