Bakterien fördern die Vermehrung der Weißen Fliege
"Es ist nicht selten, dass Mikroben ihrem Wirt auch einige Vorteile verschaffen, aber das Ausmaß der gesteigerten Fitness, das wir hier gefunden haben, ist ungewöhnlich", sagt Martha Hunter von der University of Arizona in Tucson. Ihr Forscherteam untersuchte die Symbiose zwischen einer bestimmten Unterart der Weißen Fliege (Bemisia tabaci) und dem Bakterium Rickettsia bellii. Trotz ihres Namens gehören diese Insekten nicht zu den Fliegen, sondern zu den Mottenschildläusen. Auch mehrere andere Arten solcher Läuse werden als Weiße Fliege bezeichnet. Der hier untersuchte B-Biotyp befällt mehr als 600 Pflanzenarten. Indem sich die Insekten von den Pflanzensäften ernähren und durch zuckerhaltige Ausscheidungen, den so genannten Honigtau, den Pilzbefall fördern, verursachen sie auch bei Nutzpflanzen wie Baumwolle und Gemüsesorten große Schäden.
Im Jahr 2000 fanden die Forscher im Südwesten der USA die Rickettsien nur bei einem Prozent der Weißen Fliegen. 2003 war die Hälfte der Population befallen und inzwischen lässt sich das Bakterium in fast allen dieser Insekten nachweisen. "Diese Bakterien können eine Insektenpopulation in sehr kurzer Zeit transformieren", sagt Hunter. Auf noch unbekannte Weise führt die Symbiose dazu, dass die Insekten mehr Eier legen, dass sie sich schneller entwickeln und dass ein größerer Prozentsatz das Erwachsenenstadium erreicht. Von diesen Veränderungen profitieren sowohl die Bakterien als auch ihr Wirt. Die befallenen Weißen Fliegen produzieren aber auch mehr weibliche als männliche Nachkommen, was lediglich für die Rickettsien von Vorteil ist.
Die Forscher wollen nun herausfinden, auf welche Weise die Bakterien die biologische Fitness der Insekten verbessern. Denkbar wäre, dass sie unter anderem die Abwehr der Pflanzen beim Insektenbefall schwächen. Dabei stellt sich die Frage, ob es möglich wäre, die Bakterien so zu verändern, dass sie das Gegenteil bewirken: die Pflanzen widerstandsfähiger machen oder die Vermehrungsrate der Insekten verringern. Diese Mikroben könnten dann, wenn sie sich genauso schnell ausbreiten wie die Ausgangsform, zur biologischen Schädlingsbekämpfung genutzt werden und helfen, den Einsatz von Insektiziden zu verringern.
Perspectives: "Rapid Insect Evolution by Symbiont Transfer", Francis M. Jiggins, Gregory D.D. Hurst, Science, Vol. 332, p. 185