Badekultur der alten Römer förderte Übertragung von Darmparasiten
„Wahrscheinlich haben die sanitären Anlagen der Römer die Bevölkerung nicht gesünder gemacht – aber möglicherweise haben die Menschen dadurch besser gerochen“, sagt Piers Mitchell von der University of Cambridge. Er verglich archäologische Daten über den Parasitenbefall von Menschen aus verschiedenen Regionen des römischen Reiches mit entsprechenden Daten von Funden aus Zeiten vor der römischen Herrschaft. Dabei ging es insbesondere um Hautparasiten sowie um Darmparasiten, die durch fäkale Verunreinigung übertragen werden. Die Funde stammten aus zehn Ländern, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Israel und Ägypten. Ausgrabungen von Jauche- und Müllgruben, Moorleichen und Mumien sowie versteinertem Kot ergaben Hinweise auf Band- und Spulwürmer oder den Erreger der Amöbenruhr (Entamoeba histolytica). Als das römische Reich expandierte, waren Spulwürmer (Ascaris lumbricoides), Peitschenwürmer (Trichuris trichiura) und Entamöben die vorherrschenden Darmparasiten. Da Wurmeier Jahrhunderte überstehen können, ist ein Wurmbefall mikroskopisch nachweisbar. Dagegen sind zum Nachweis von Amöben immunologische Testverfahren nötig. Durch Analysen von Kämmen oder Kleidungsresten und Proben aus Gräbern lässt sich ein Befall mit Läusen, Flöhen und Bettwanzen erkennen.
Die unter anderem durch Aquädukte verbesserte Wasserversorgung der Städte, Toiletten mit Wasserspülung und eine gesetzlich geregelte Beseitigung von Fäkalien aus den Straßen hätten eigentlich helfen können, die Häufigkeit von Infektionen durch Darmparasiten zu verringern – stattdessen sei sie allmählich gestiegen, sagt Mitchell. Auch die in den Badeanlagen praktizierte Körperpflege blieb offenbar ohne nachhaltigen Effekt: Läuse und Flöhe waren bei den Römern ähnlich stark verbreitet wie bei den Wikingern und Menschen des Mittelalters, die weniger Wert auf Körperreinigung legten. Als möglichen Grund für ein erhöhtes Risiko von Wurm- und Amöbeninfektionen nennt Mitchell die Warmwasserbecken der Bäder. Wenn das Wasser nicht oft genug gewechselt wurde, könnte das eine Übertragung der Parasiten begünstigt haben. Außerdem könnte eine Düngung von Feldern mit den frischen, in der Stadt gesammelten menschlichen Fäkalien dafür gesorgt haben, dass Nahrungsmittel mit Wurmeiern und Amöbenzysten kontaminiert wurden.
Überraschenderweise nahm in der Römerzeit der Befall durch Fischbandwürmer stark zu. Früher kamen diese Parasiten nur in Gebieten des heutigen Deutschlands und Frankreichs vor. Durch die Römer verbreiteten sie sich in vier weiteren Ländern. Das könnte auf die Beliebtheit einer römischen Gewürzsauce namens Garum zurückzuführen sein, die aus rohen Fischen hergestellt wurde. Dazu fermentierte man die in Salzlake eingelegten Fische wochen- bis monatelang in offenen Becken und stellte dann daraus eine Flüssigkeit her, die im ganzen Reich gehandelt wurde. Bei diesem Verfahren werden Wurmeier nicht abgetötet und können Darminfektionen beim Menschen auslösen. Die Ausbreitung des Fischbandwurms, sagt Mitchell, scheine ein gutes Beispiel dafür zu sein, dass die Vergrößerung eines Reiches negative Konsequenzen für die Gesundheit haben kann.