Autsch oder unfair?
"Dies ist die erste Studie, die bei Kindern die neuronale Reaktion auf Schmerz von anderen untersucht", erklärt Jean Decety von der University of Chicago. "Außerdem zeigt unsere Studie, was im Gehirn der Betrachter passiert, wenn jemand einem anderen Schmerzen zufügt." Im Experiment bekamen siebzehn normal entwickelte Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren kleine Film-Aufnahmen von Schmerzzufügung zu sehen. In den Aufnahmen waren jeweils nur die betroffenen Körperteile, Hände oder Füße, zu sehen. Es war aber erkennbar, ob jemand sich selbst beispielsweise den Fuß an einem Tischbein stieß oder ob er von jemand anderem getreten wurde. Während die Kinder die Aufnahmen betrachteten, wurde ihre Gehirnaktivität mittels Magnetresonanz-Tomografie beobachtet.
Zeigte die Aufnahme jemanden, der sich versehentlich selbst verletzte, waren bei den Kindern jene Areale des Gehirns aktiviert, die für die Verarbeitung von Schmerz zuständig sind. Sahen die Kinder hingegen Aufnahmen, auf denen jemandem von einem anderen Menschen absichtlich Schmerz zugefügt wurde, konnten die Forscher Aktivität in jenen Gehirnregionen beobachten, in denen soziale Interaktion verarbeitet wird. "Ebenso wie bei früheren Magnetresonanz-Tomografie-Studien zur Schmerz-Empathie bei Erwachsenen zeigt sich in der Wahrnehmung der Kinder beim Schmerz anderer eine erhöhte hämodynamische Aktivität in jenen neuronalen Schaltkreisen, die an der Verarbeitung von eigenen Schmerzerfahrungen beteiligt sind", schreiben die Forscher. "Das sind die Insula, der somatosensorische Cortex, der hintere, mittlere cinguläre Cortex, das periaquäductale Grau sowie zusätzliche Gehirnregionen, die für die Motorik zuständig sind." Interviews, die mit den Kindern geführt wurden, zeigten, dass die Kinder die absichtliche Schmerzufügung durch einen anderen Menschen als unfaire Handlung betrachteten.