Antimaterie für 1.000 Sekunden eingefangen

"Diese Fortschritte eröffnen ein weites Feld von experimentellen Möglichkeiten", schreiben Jeffrey Hangst und seine Kollegen von der ALPHA-Kollaboration am Cern. Denn die Abwesenheit von Antimaterie im Universum bildet eines der großen Rätsel der Physik. Nach den Symmetriegesetzen der Physik sollten sich Materie und Antimaterie eigentlich gleich verhalten. Nur unmittelbar nach dem Urknall sollten gleiche Mengen an Materie und Antimaterie existiert haben. Doch danach verschob sich diese Symmetrie völlig zugunsten der uns bekannten Materie.
Magnetische Falle tiefgekühlt auf minus 272 Grad Celsius
Anti-Wasserstoff, das aus einem Anti-Proton und einem Positron besteht, dem Antiteilchen zum negativ geladenen Elektron, ist ein viel versprechender Kandidat, um diese offensichtliche Symmetrieverletzung genauer untersuchen zu können. Für ihre Versuche erzeugten die Forscher Millionen von Anti-Protonen und Positronen in einem Teilchenbeschleuniger. Nur ein Bruchteil von ihnen verband sich zu den begehrten Anti-Wasserstoff-Atomen. Mit magnetischen Feldern und abgekühlt auf nur ein halbes Grad über den absoluten Nullpunkt bei minus 273,15 Grad Celsius gelang es, mehr als 300 dieser Antimaterie-Atome für 1.000 Sekunden festzuhalten.
In weiteren Versuchen können nun wichtige Antimaterie-Eigenschaften genauer untersucht werden. Treffen Materie und Antimaterie aufeinander, löschen sie einander bespielsweise gegenseitig aus und hinterlassen lediglich Energie. Neben dieser so genannten Annihilation werden die Physiker die Wechselwirkung von Antimaterie mit den Naturkräften analysieren können. Denn auf elektrische und magnetische Felder reagiert Anti-Wasserstoff genau entgegengesetzt im Vergleich zum normalen Wasserstoff. Es ist nicht auszuschließen, dass vergleichbare, entgegengesetzte Effekte auch bei der Schwerkraft auftreten. Antimaterie könnte dabei von anderen Materie-Massen nicht angezogen, sondern im Gegenteil sogar abgestoßen werden. Die dabei wirkenden Kräfte wären allerdings extrem klein und nur sehr schwer nachweisbar.