Anti-Aphrodisiakum: Wie junge Bettwanzen sexuelle Belästigungen abwehren

Männliche Bettwanzen werden nur durch ein Anti-Aphrodisiakum davon abgehalten, noch nicht geschlechtsreife Larven zu begatten
Bettwanze (Cimex lectularius)
Bettwanze (Cimex lectularius)
© Vincent Harraca et al., BMC Biology
Lund (Schweden) - Das Sexualverhalten männlicher Bettwanzen ist etwas ungewöhnlich. Anstatt sich wie andere Insekten von weiblichen Sexuallockstoffen verführen zu lassen, begatten sie alle Artgenossen, die keinen abstoßenden Geruch absondern. Deshalb, so haben schwedische Biologen jetzt entdeckt, schützen sich die schon weit entwickelten, aber noch nicht geschlechtsreifen Larven - die so genannten Nymphen - durch Alarmpheromone vor dem brutalen und sinnlosen Begattungsversuch der Männchen. Möglicherweise lassen sich diese Duftstoffe zur Bekämpfung der Blut saugenden Parasiten einsetzen, schreiben die Forscher im Online-Journal "BMC Biology".

"Wir haben herausgefunden, dass die Nymphen der Bettwanze Aldehyd-Pheromone freisetzen, die den Männchen signalisieren, von ihnen abzulassen", sagt Vincent Harraca von der Lund University. Die fast ausgewachsenen Larven werden, nachdem sie sich mit Blut vollgesogen haben, genauso häufig von Männchen bestiegen, wie erwachsene Wanzen beiderlei Geschlechts. Wenn es sich um ein erwachsenes Weibchen handelt, bohrt die männliche Wanze ein Loch in deren Hinterleib und injiziert seine Spermien. Das verursacht Verletzungen, die das begattete Weibchen aber meist übersteht. Doch für versehentlich begattete Nymphen könnten solche Verletzungen tödliche Folgen haben. In der Regel bricht das Männchen den Begattungsversuch ab, wenn der Partner ebenfalls ein Männchen oder eine Nymphe ist. Auslöser für den Abbruch sind Pheromone, die aus Drüsen freigesetzt werden, welche sich bei den erwachsenen Männchen im Brustbereich und bei den Nymphen auf der Oberseite des Hinterleibs befinden.

Als die Forscher die Drüsenöffnungen von Larven mit Nagellack verschlossen, wurden die Jungtiere genauso häufig begattet wie erwachsene Weibchen. Als abstoßendes Alarmsignal wirkte ein bestimmtes Mischungsverhältnis der beiden Aldehyde (E)-2-Hexenal und (E)-2-Octenal. Zusätzlich hatte das nur von Nymphen produzierte oxygenierte Aldehyd 4-Oxo-(E)-2-Hexenal, das ebenfalls von speziellen Sinneszellen der Männchen wahrgenommen wird, den gleichen Effekt. Bei Weibchen, die mit den Alarmpheromonen der Nymphen bestrichen wurden, brachen die Männchen die Begattung ab. Bisher glaubte man, dass Alarmpheromone nur zur Kommunikation zwischen Räuber und Beute, nicht aber zur Abwehr von aufdringlichen Artgenossen eingesetzt würden.

Nun werden die Wirkstoffe auch für den Kammerjäger interessant: Weltweit habe der Befall menschlicher Behausungen mit Bettwanzen in den vergangenen Jahren wieder zugenommen, sagt Harraca. Ein Schädlingsbekämpfungsmittel, das die Begattung verhindert, könne ein wirksames Mittel gegen die Vermehrung der Parasiten sein. Alle Entwicklungsstadien und beide Geschlechter der Bettwanze (Cimex lectularius) ernähren sich ausschließlich von Blut. Tagsüber verkriechen sich die Insekten in der Nähe der Schlafstätte, nur nachts werden sie aktiv. Bei der Blutmahlzeit können auch Krankheitserreger übertragen werden.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Nymphs of the common bed bug (Cimex lectularius) produce anti-aphrodisiac defence against conspecific males", Vincent Harraca, Camilla Ryne and Rickard Ignell; BMC Biology (im Druck)


 

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