Aggressiver Magenkeim: Besser zähmen als töten?
"Die Bakterien gelangen mit Hilfe der Chemotaxis nahe an die Magenzellen des Wirts heran und setzen dann Moleküle frei, die die Zellen töten", sagt Karen Ottemann von der University of California in Santa Cruz, die Leiterin des Forscherteams. Bisher hatte man geglaubt, dass dazu ein direkter Kontakt durch Andocken an die Zellen nötig sei. In ihren Versuchen infizierten die Forscher Mäuse mit einem mutierten Stamm des Magenkeims, der durch Verlust eines Gens die Fähigkeit zur Chemotaxis verloren hatte. Die Bakterien konnten sich zwar noch mithilfe ihrer Geißeln fortbewegen, aber kein bestimmtes Ziel mehr ansteuern. Sie waren weiterhin in der Lage, die Magenschleimhaut zu infizieren, verursachten dabei aber nur noch schwache Entzündungsreaktionen. Aggressive Formen von Helicobacter pylori setzen Toxine frei, die in den Magenzellen den programmierten Zelltod auslösen. Dadurch werden spezielle Immunzellen - sogenannte T-Helferzellen vom Typ 17 - aktiviert, die eine chronische Entzündung begünstigen. Diese Aktivierung von Immunzellen blieb bei den mutierten Bakterien aus.
Helicobacter pylori lässt sich durch Antibiotika vollständig eliminieren. Das könnte jedoch auch unerwünschte Folgen haben. Denn es gibt Hinweise darauf, dass eine milde verlaufende Dauerinfektion positive Auswirkungen hat: Sie könnte das Risiko von Speiseröhrenkrebs und Allergien senken. "Wir vermuten, dass sich unser Körper angepasst hat. Bei 90 Prozent der Menschen verhalten sich die Bakterien wie ein normaler Bestandteil der Körperflora", sagt Ottemann. Deshalb wäre es vielleicht das Beste, wenn die Bakterien im Magen blieben, ohne aber Entzündungen auszulösen. "Möglicherweise könnten wir den Magenkeim zähmen, indem wir die Chemotaxis hemmen", so Ottemann. Dazu müssten nun neue Medikamente entwickelt werden. Weltweit ist jeder zweite Mensch mit Helicobacter pylori infiziert. Bei jedem zehnten kommt es dadurch zu starken Entzündungen, die zu Magengeschwüren und Magenkrebs führen können.