Zweitsprache lässt sich nie mehr abschalten

Das Team um Eva van Assche von der Universiteit Gent wählte 45 Studenten mit Niederländisch als Muttersprache und Englisch als Zweitsprache für ihre Studie aus. Die Teilnehmer sollten Sätze auf Niederländisch lesen, die jeweils ein Wort enthielten, das im Niederländischen und im Englischen ähnlich oder gleich war. Daneben gab es ein Kontrollwort, das in beiden Sprachen unterschiedlich war. Ein solcher Satz war beispielsweise "Ben heeft een oude OVEN/LADE gevonden tussen de rommel op zolder" (Ben hat einen alten OFEN/eine SCHUBLADE im Gerümpel auf dem Dachboden gefunden). Im Englischen gibt es das Wort "oven" mit fast der gleichen Bedeutung wie im Niederländischen. Das Wort "lade" war hingegen das Kontrollwort, denn das englische Wort hierfür - "drawer" - ist mit "lade" nicht direkt verwandt. Die Forscher untersuchten nun mit Hilfe der Blickbewegungen der Probanden, wie lange sie beim Lesen bei einem Wort verweilten.
Es zeigte sich, dass die Versuchspersonen das Wort "oven" im niederländischen Text schneller lasen als das Wort "lade". Entsprechendes galt für alle anderen präsentierten Sätze. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass das Gehirn sofort auch die Bedeutung des englischen Wortes bereitstellt und somit Wörter, die im Niederländischen und Englischen gleich oder ähnlich sind, schneller erfasst werden. Das heißt, die Lesegeschwindigkeit in der eigentlichen Muttersprache erhöht sich, wenn jemand eine zweite Sprache gelernt hat. Dies gilt zumindest dann, wenn beide Sprache verwandt sind. Das Englische und das Niederländische gehören zur germanischen Sprachfamilie. Der Sprachbenutzer kann diesen Einfluss der Zweitsprache jedoch nicht bewusst steuern und auch nicht mehr ausblenden.