Was ein Elektron wirklich wiegt

Neues Präzisionsexperiment erlaubt extrem genaue Bestimmung der Elektronenmasse
Heidelberg - Elektronen kommen nicht nur als Strom aus der Steckdose. Aus ihnen bestehen auch die Hüllen aller Atome; sie sind somit auch für alle chemischen Prozesse verantwortlich. Kaum ein Elementarteilchen ist besser vermessen als das Elektron. Denn von ihm hängen Struktur und Eigenschaften unserer Materie ab. Sollte sich zwischen den theoretisch berechneten und den experimentell bestimmten Werten jedoch eine Diskrepanz zeigen, würde das die gegenwärtigen Theorien widerlegen. Dann müssten die Theoretiker sich neue Modelle dafür überlegen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Aber auch wenn sich das Elektron so hervorragend eignet, um einige fundamentale Naturkonstanten extrem präzise zu bestimmen, so ist bislang seine Masse noch nicht so genau bekannt wie viele andere seiner Eigenschaften. Wie ein Team deutscher Wissenschaftler nun im Fachjournal „Nature“ berichtet, konnten sie die Elektronenmasse mit einem neuen Verfahren 13-fach genauer bestimmen, als es bislang möglich war.

„Die geringe Masse des Elektrons macht eine genaue Bestimmung ziemlich schwierig“, berichtet Sven Sturm vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg. Elektronen sind rund 2.000 Mal leichter als die Protonen oder Neutronen, aus denen die Atomkerne bestehen, um die die Elektronen kreisen. Bereits kleinste äußere Einflüsse können deshalb die Bestimmung der Elektronmasse stören. Die Heidelberger Physiker, die auch Unterstützung von Kollegen aus Darmstadt und Mainz hatten, entwickelten deshalb ein neue Messmethode.

Bei diesem Experiment flog ein fünffach ionisiertes Kohlenstoff-Atom, dem die Forscher vorher alle Elektronen außer einem einzigen abgestreift hatten, zwischen zwei Atomfallen hin und her. Diese sogenannten Penning-Fallen können einzelne Atome mit Hilfe magnetischer und elektrischer Felder einschließen und eignen sich deshalb gut für Hochpräzisionsmessungen. In der ersten Falle bestimmten die Forscher den Zustand des Elektrons, das allein um den Kohlenstoffkern kreist. In der zweiten Falle bestrahlten sie es mit Mikrowellen. Dann transportierten sie das Atom wieder zurück zur ersten Falle, wo sie erneut den Zustand des Elektrons vermaßen. Indem sie dieses Spiel mehrere hundert Mal wiederholten, konnten sie aus den gemessenen Schwingungsfrequenzen sehr exakt die Masse des Elektrons bestimmen.

Der neue Wert ist nun so genau bekannt, dass der Messfehler nur rund einen dreißigstel Teil von einer Milliarde ausmacht. Damit schließen die Forscher eine wichtige Lücke. Denn auch zahlreiche andere Naturkonstanten werden in den kommenden Jahren mit immer höherer Präzision bestimmt werden, womit sich die physikalischen Theorien besser prüfen lassen. Aber auch hier gilt: Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Wenn eine Naturkonstante nur ungenau bekannt ist, schleicht sich dieser Fehler automatisch in viele Berechnungen ein. Die nun erzielte Genauigkeit bei der schwierigen Bestimmung der Elektronenmasse wird aber für einige Zeit ausreichen, um die Fundamente der Physik immer weiter zu prüfen.

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