Warum verschwitzte Kleidung aus Kunstfasern stark stinkt
„Mikrokokken sind bekannt für ihr Potenzial, langkettige Fettsäuren, Hormone und Aminosäuren durch Enzyme zu kleineren, leicht flüchtigen Substanzen abzubauen, die übel riechen“, sagt Chris Callewaert von der Universität Gent aus dem Labor von Nico Boon. Mikrokokken gehören zusammen mit Korynebakterien, Staphylokokken und Propionibakterien zu den normalen Hautkeimen jedes Menschen. Auf feuchten Hautpartien wie in den Achselhöhlen erreichen diese Mikroben Keimdichten von bis zu 10 Millionen pro Quadratzentimeter. Sie ernähren sich von Schweiß und abgestoßenen Hautzellen. Körpergeruch entsteht durch die Bakterien primär auf der Haut und sekundär in der anliegenden Kleidung. Der von den Achselhöhlen ausgehende primäre Körpergeruch ist vor allem auf Korynebakterien zurückzuführen.
Welche Bakterien den Geruch verschwitzter Kleidung erzeugen und welchen Einfluss die Art der Textilien dabei hat, haben Callewaert und seine Kollegen nun untersucht. Dazu produzierten 26 Männer und Frauen Schweiß durch einstündiges Fahrradfahren, wobei jeder ein T-Shirt aus reiner Baumwolle, Polyester oder einem Mischgewebe trug. Anschließend wurden die Hemden in Plastikbeutel eingeschlossen und 28 Stunden bei Zimmertemperatur aufbewahrt, damit vorhandene Bakterien sich vermehren konnten. Erfahrene Geruchstester beurteilten schließlich den Geruch jedes T-Shirts, bevor Zahl und Art sämtlicher darin enthaltenen Mikroben ermittelt wurden.
Die Polyester-Hemden rochen intensiver und unangenehmer als die Baumwoll-T-Shirts. Eine bereits bekannte Ursache dafür ist, dass Baumwolle mehr Geruchsstoffe absorbiert als synthetische Fasern. Aber zusätzlich hatten sich in den Kunstfaser-Textilien Mikrokokken stark vermehrt. Korynebakterien dagegen wuchsen in keiner Stoffart. Staphylokokken waren in allen Hemden nachweisbar, trugen aber nicht zur Geruchsbildung bei. Laborversuche mit einzelnen Bakterienstämmen bestätigten: Mikrokokken lassen sich in Polyestergewebe gut anzüchten, Korynebakterien gar nicht. Die Forscher vermuten, dass die lockere Struktur der Polyesterfasern das Wachstum von Mikrokokken begünstigt, während Koryne- und Propionibakterien sauerstoffarme Standorte auf der Haut bevorzugen. Jetzt könne man versuchen, so die Forscher, ganz gezielt das Wachstum von Mikrokokken zu hemmen. Bereits heute helfen Silberpartikel mit antibakterieller Wirkung, die Qualität von Sportbekleidung zu verbessern, indem sie den Körpergeruch verringern. Aber ein Hemmstoffzusatz, der speziell gegen Mikrokokken wirkt, ließe andere Hautkeime ungeschädigt und könnte auch in der Medizin Anwendung finden.