Warum die Haare im Alter weiß werden
"Ausgangspunkt des gesamten Prozesses ist Wasserstoffperoxid, das wir auch als Bleichmittel kennen", erklärt Heinz Decker vom Institut für Biophysik der Universität Mainz. Das starke Oxidationsmittel mit der chemischen Formel H2O2 wird unter anderem auch zum Blondieren benutzt. Es ist ein normales Stoffwechselprodukt, das in sehr geringen Mengen in allen Zellen entsteht. Normalerweise wird es aber, damit es keinen Schaden anrichtet, durch das Enzym Katalase schnell in Wasser und Sauerstoff gespalten. Die Mainzer Forscher haben nun zusammen mit Kollegen der University of Bradford nachgewiesen, dass in den Haarwurzeln ergrauter Menschen der Gehalt an Katalase nur noch sehr niedrig und infolgedessen der H2O2-Spiegel sehr hoch ist. Das überschüssige Wasserstoffperoxid oxidiert einen Baustein des Enzyms Tyrosinase, und zwar die für die Funktion des Enzyms wichtige Aminosäure Methionin. Da die Tyrosinase bei der Melaninproduktion eine Schlüsselrolle spielt, kommt so die Pigmentbildung zum Erliegen. Zusätzlich inaktiviert Wasserstoffperoxid weitere Enzyme, die das oxidierte Methionin wieder regenerieren könnten.
"Wir kennen jetzt die genaue Molekulardynamik, die diesem Vorgang zugrunde liegt", sagt Decker. In Laborversuchen ist es den Forschern inzwischen auch gelungen, die Wasserstoffperoxid-Schäden durch Zugabe der Aminosäure Methionin zu verhindern. Ob eine darauf beruhende Behandlung das Ergrauen der Haare stoppen oder gar rückgängig machen könnte, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Diese könnten auch, so die Autoren, zu neuen Therapien bei Vitiligo führen, einer Pigmentstörung der Haut.