Wann man sich gegenteilige Meinungen anhört

Meist sieht und hört der Mensch nur das, was seiner Ansicht und Wahrnehmung entspricht. Doch unter bestimmten Bedingungen ist er auch bereit, ihm widersprechende Meinungen zu hören
Urbana-Champaign (USA) - Aus den täglich auf ihn einströmenden Informationen filtert der Mensch meist das heraus, was ihn in seinen Ansichten bestätigt oder bestärkt. Manchmal allerdings ist er auch bereit, Urteile und Ansichten von Menschen anzuhören, die nicht auf seiner "Linie" sind. Wann dies der Fall ist, hat jetzt ein amerikanisches Forscher-Team analysiert und in der Fachzeitschrift "Psychological Bulletin" beschrieben.

"Wir wollten wissen, wo bis zu welchem Grade Menschen bereit sind, die Wahrheit herauszufinden, oder sich komfortabel in dem einzurichten, was sie ohnehin meinen und wissen", erklärt Dolores Albarracín von der University of Illinois at Urbana-Champaign. Hierzu analysierten die Forscher 91 frühere Studien zur Meinungsbildung, an denen insgesamt 5000 Personen teilgenommen hatten.

Grundsätzlich, so stellten die Wissenschaftler fest, bevorzugen die Menschen zweimal so häufig ihnen genehme Informationen (67 Prozent) wie ihnen widersprechende Informationen (33 Prozent). Menschen, die geistig etwas beschränkt sind, suchen sogar 75 Prozent der Informationen danach aus, ob sie sie in ihren Ansichten bestärken. Außerdem hängt die Suche nach der Wahrheit auch davon ab, um welchen Inhalt es geht. Bei Fragen der Politik, der Religion und der Moral wählen die meisten Menschen 70 Prozent der Informationen danach aus, ob sie zu ihren Ansichten passen.

Es kann aber Gründe geben, eine gegenteilige Meinung anzuhören oder einzuholen. Politiker beispielsweise, die ihre politischen Ideen in Reden verteidigen müssen, informieren sich durchaus über die Ansichten der Gegenseite. Ebenso holen auch Menschen, die sich ein Haus kaufen wollen oder die vor einer schwierigen medizinischen Operation stehen, in der Regel eine zweite Meinung ein. "Im Großen und Ganzen scheint es so zu sein, dass die Menschen bei ihren Glaubenssätzen und Meinungen bleiben", sagt Dolores Albarracín, "denn wenn sie sie ändern würden, könnten sie eventuell das Leben nicht mehr führen, das sie führen. Aber es ist doch immerhin eine gute Nachricht, dass man in ungefähr einem von drei Fällen doch auch eine widersprechende Meinung anhört."

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Quelle: Dolores Albarracín et al.; Psychological Bulletin, 2009, im Druck


 

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