Von Noten geblendet
„Bei Einstellungen wird oft nicht zwischen den tatsächlich begabten oder für den Job geeigneten Bewerbern und denjenigen unterschieden, die ihre Ergebnisse unter günstigen Umständen erzielt haben“, kritisiert Samuel Swift. Der Wissenschaftler von der University of California in Berkeley hatte mit Kollegen vier Studien ausgewertet. Darin waren sowohl Bewerbungen unter Laborbedingungen nachgestellt als auch zehntausende reale Einstellungsgespräche von Akademikern analysiert worden. In allen Studien fanden sie übereinstimmende Ergebnisse: Gute Noten werden generell mit den individuellen Fähigkeiten der Bewerber verbunden und nicht mit den allgemeinen Gegebenheiten an einer Schule oder Universität. Gleiches gilt für die Evaluation eines Bewerbers im beruflichen Umfeld.
„Wir würden uns alle wünschen, dass die Entscheider in einer Bewerbungssituation verstehen, wer wir sind und zu was wir wirklich fähig sind“, können die Forscher nachempfinden. Leider würden aber weder situationsbedingte Faktoren noch missliche Umstände in Bildungseinrichtungen und Firmen ausreichend berücksichtigt. Die Wissenschaftler erklären dies unter anderem mit dem sogenannten Attributionsfehler, einem Begriff aus der Sozialpsychologie. Danach haben Menschen die Tendenz, den Einfluss der Eigenschaften und Fähigkeiten einer Person auf eine Situation zu überschätzen, während äußere Faktoren systematisch unterschätzt werden. Selbst als die Entscheider in den aktuellen Studien die Absicht äußerten, den Einfluss äußerer Faktoren auf die Leistungen in die Bewertungen mit einfließen zu lassen, versagten sie.