Volle Blase - weise Entscheidungen
In einem der Experimente trank eine Gruppe von Versuchspersonen fünf Becher Wasser mit einer Gesamtmenge von etwa 750 Millilitern. Eine andere Gruppe trank dagegen aus fünf Bechern nur kleine Schlucke Wasser. Nach 40 Minuten - der Zeit, die Wasser braucht, um in die Blase zu gelangen - stellten die Forscher um Mirjam Tuk von der Universiteit Twente in Enschede die Versuchspersonen vor Entscheidungsfragen. Eine der vorgelegten Alternativen war: Lieber etwa 12 € am nächsten Tag bekommen oder 30 € in 35 Tagen bekommen? Die Versuchspersonen, die tapfer mit ihrer vollen Blase aushielten, waren auch bereit, länger auf versprochenes Geld zu warten, wenn dabei eine höhere Summe herauskam.
Eigentlich würde man erwarten, dass eine volle Blase ungeduldiger mache, so Mirjam Tuk. Doch die Forscherin erklärt das verblüffende Ergebnis damit, dass die Kontrolle der Blase weitgehend ein unbewusster Prozess sei. Der Denkvorgang ist demnach nicht: Ich nehme das schnelle Geld, weil ich schnell mal muss. Vielmehr scheinen beide Prozesse - den Harndrang zu kontrollieren und das Treffen der Entscheidung - im Bewusstsein getrennt abzulaufen und dabei dennoch die klügere Entscheidung zu fördern.