Schwarze Löcher: Schleudern statt Saugen

Kühle Winde aus Staub gehen von den gigantischen Schwarzen Löchern im Herzen von Galaxien aus, zeigen Präzisionsmessungen
Künstlerische Darstellung des Supermassiven Schwarzen Loches im Herzen der Galaxie NGC 3783 im Sternbild Zentaur. Auf neuen Aufnahmen ist nicht nur der Ring aus heißem Staub um das Schwarze Loch, sondern auch Wind aus kaltem Material an den Polen zu sehen.
Künstlerische Darstellung des Supermassiven Schwarzen Loches im Herzen der Galaxie NGC 3783 im Sternbild Zentaur. Auf neuen Aufnahmen ist nicht nur der Ring aus heißem Staub um das Schwarze Loch, sondern auch Wind aus kaltem Material an den Polen zu sehen.
© ESO/M. Kornmesser
Santa Barbara (USA) - Sie sitzen im Zentrum fast jeder bekannten Galaxie: sogenannte Supermassive Schwarze Löcher mit einer Masse, die bis milliardenfach größer sein kann als die unserer Sonne. Aufgrund ihrer starken Schwerkraft saugen sie alles an, was in ihre Nähe kommt. Bislang wusste man zwar, dass von ihnen auch scharf gebündelte Strahlen in gegensätzlicher Richtung ausgehen. Diese bestehen aus Teilchen, die auf enorme Energien beschleunigt wurden, bevor sie den Ereignishorizont überschreiten mussten – die unumkehrbare Grenze, über die selbst das Licht nicht mehr hinauskommt, wenn es einmal hineingelangt ist. Aber von riesigen Schwarzen Löchern geht auch ein wesentlich kälterer Staubwind aus, berichtet nun ein internationales Team von Astronomen im „Astrophysical Journal“. Diese Beobachtung konnten sie mit extrem präzisen Messungen des Verbundteleskops „Very Large Telescope“ (VLT) machen, das zur Europäischen Südsternwarte gehört. Dazu bedienten sie sich einer Technik namens Interferometrie, bei der mehrere Teleskope so zusammengeschaltet werden, dass sie wie ein viel größeres Teleskop funktionieren.

„Erst durch die Kombination der erstklassigen Empfindlichkeit der großen Spiegel des VLT mit der Interferometrietechnik konnten wir genug Licht sammeln, um ein so lichtschwaches Objekt so detailliert zu beobachten“, erklärt Gerd Weigelt vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. „Kein anderes optisches oder Infrarotsystem ist derzeit dazu in der Lage.” Das VLT besteht aus vier Großteleskopen mit Spiegeldurchmessern von 8,2 Metern. Zusätzlich lassen sich vier bewegliche Hilfsteleskope mit immer noch 1,8 Metern großen Spiegeln aufschalten. Die Wissenschaftler haben mit der Interferometrie mittlerweile genügend Erfahrung, um durch Kombination der Teleskope eine so starke Auflösung zu erzielen, wie sie ein Einzelteleskop von 130 Metern Durchmesser hätte. Ein solches besäße zwar eine wesentlich größere Spiegelfläche. Aber dies kompensierten die Forscher dadurch, dass sie entsprechend lange Beobachtungszeiten einplanten.

Die Überraschung bei der Auswertung der Daten zeigte sich, als sie die verschiedenen Regionen des Schwarzen Loches untersuchten. Es ist bekannt, dass sich um Schwarze Löcher Ringe aus Material bilden, ähnlich wie Strudel in einem Wasserbecken – mit dem Unterschied, dass ein Schwarzes Loch keinen Abfluss besitzt. In diesem Ring befindet sich auch bis zu tausend Grad heißer Staub. Die Forscher entdeckten aber zusätzlich einen kühlen Staubwind, der von den Polregionen des Schwarzen Lochs ausging. Die Forscher wollen diesen Wind nun genauer untersuchen, denn er scheint Teil des komplexen Wechselspiels Schwarzer Löcher mit ihrer Umgebung zu sein. Denn einerseits saugen diese große Mengen an Materie in sich hinein. Andererseits erzeugen sie dabei so hohe Temperaturen, dass die Strahlung einen Teil der Materie wieder nach außen bläst. Die Forscher hoffen dazu auf ein neues Instrument namens MATISSE, erklärt Hauptautor Sebastian Hönig, der in Kiel und dem kalifornischen Santa Barbara als Astronom tätig ist: „Mit diesem Instrument können wir alle vier Großteleskope auf einmal zusammenschließen und zugleich im nahen und mittleren Infrarot beobachten.“

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Quelle: „Dust in the Polar Region as a Major Contributor to the Infrared Emission of Active Galactic Nuclei“, S. Hönig et al.; Astrophysical Journal, im Druck


 

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