Schotten dicht: Wie Pflanzen auf Stress reagieren

Sowohl bei einer Infektion als auch nach mechanischer Verletzung werden Plasmakanäle blockiert, die benachbarte Zellen miteinander verbinden
Callose-Synthasen dienen nicht nur der Instandsetzung (wie hier gezeigt), sondern verschließen als Stressreaktion auch Plasmakanäle zu Nachbarzellen.
Callose-Synthasen dienen nicht nur der Instandsetzung (wie hier gezeigt), sondern verschließen als Stressreaktion auch Plasmakanäle zu Nachbarzellen.
© Joachim Czichos
Newark (USA) - Jedes Lebewesen muss Wunden nach einer Verletzung schließen und sich vor Infektionen schützen. Bei Tieren spielt dabei das Blut eine entscheidende Rolle: Es sorgt durch Gerinnung für einen Wundverschluss und transportiert Immunzellen zum Eintrittsort von Erregern. Auch Pflanzen haben besondere Schutzmechanismen entwickelt, um auf solche Arten von Stress zu reagieren. Von wesentlicher Bedeutung sind dabei zwei Enzyme, die die Produktion des Zellwandbaustoffs Callose steuern, berichten amerikanische Biologen. Mit diesem Polysaccharid bessert die Pflanze nicht nur schadhafte Zellwände aus, sondern verschließt auch Plasmakanäle, sogenannte Plasmodesmen, die benachbarte Zellen verbinden. Damit gelingt es, eine Schädigung lokal zu begrenzen. Die neuen Ergebnisse zeigen erstmals, dass bei einer Infektion oder Verletzung die Durchlässigkeit der Plasmodesmen mit Hilfe von abgelagerter Callose auf unterschiedlichen Signalwegen reguliert wird, schreiben die Forscher im Fachblatt „Nature Plants”.

„Unser Labor untersucht, wie Pflanzenzellen den Durchlass durch die Plasmodesmen kontrollieren, um den Stofftransport zwischen den Zellen zu erleichtern oder zu blockieren – als Reaktion auf Umweltreize“, sagt Jung-Youn Lee von der University of Delaware in Newark. In früheren Arbeiten hatte seine Arbeitsgruppe bereits nachgewiesen, dass Pflanzen mit einer Art angeborener Immunabwehr reagieren, indem sie bei einer Infektion ihre Plasmodesmen schließen. Damit erschweren sie eine Ausbreitung eingedrungener Mikroben in weitere Pflanzenteile. Die Zellwand jeder Pflanzenzelle ist von zahlreichen Plasmodesmen durchzogen. Diese Verbindungen vernetzen alle Zellen miteinander und ermöglichen den Transport von Nähr- und Botenstoffen. Die Plasmakanäle dienen also sowohl dem Stoffaustausch als auch der Kommunikation. Ablagerungen von Callose können diese Kanäle verengen – ein Vorgang, der auch schnell wieder umkehrbar ist. Callose ist kein regulärer Bestandteil der Zellwand. Das aus Glukose-Einheiten aufgebaute Polysaccharid ist bekannt als Füllmaterial zum Ausbessern von Schäden und wird auch bei der Bildung einer neuen Zellwand im Verlauf der Zellteilung eingesetzt. An seiner Produktion sind spezielle Enzyme, die Callose-Synthasen, beteiligt.

In Experimenten mit der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) identifizierten die Forscher nun zwei Gene, die die Produktion zweier Callose-Synthasen steuern, welche an der Blockierung der Plasmodesmen mitwirken. Eines dieser Enzyme sorgt für die Calloseablagerung nach einer Infektion, während das andere nach einer mechanischen Verletzung aktiviert wird. Gesteuert werden diese Reaktionen in beiden Fällen durch separate Signalwege, fanden die Biologen heraus. Abgesehen davon bewirkt nach einer Gewebeschädigung wieder ein anderer Typ von Callose-Synthase einen Wundverschluss an der Verletzungsstelle. Die Ergebnisse zeigen, dass unterschiedliche Formen von Umweltstress unterschiedliche Signalketten aktivieren, die beide die Durchlässigkeit der Plasmodesmen verringern. Insgesamt gibt es im Genom der Ackerschmalwand zwölf verschiedene Callose-Synthase-Gene. Zusammen mit anderen Proteinen, dem Botenstoff Salicylsäure und weiteren, noch unbekannten Faktoren könnten nach Ansicht der Forscher die an einer Stressreaktion beteiligten Komponenten – je nach Art des Stresses – in mehreren unterschiedlichen Kombinationen zusammenarbeiten.

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