Rücksichtslose Besserwisser fördern Gruppendynamik

Gerade unbeliebte, weil besserwisserisch und ohne soziale Rücksichten auftretende Kollegen können den Entscheidungsprozess in beruflichen Arbeitsgruppen sehr beleben und voranbringen
Provo (USA)/Chicago (USA) - Eigentlich will sie keiner in der eigenen Gruppe haben: Außenseiter, die sozial nicht sehr kompetent sind und gern auch besserwisserisch auftreten. Dennoch können sie - zumindest im Berufsleben - eine Gruppe sehr beflügeln, wie jetzt ein Forscherinnenteam aus mehreren amerikanischen Universitäten herausfand. Gerade wegen ihres Andersseins können solche Menschen die Dynamik einer Gruppe kräftig durcheinanderbringen und zu neuen Ideen und Gesichtspunkten führen, die die Gruppe ohne sie nicht entdeckt hätte, legen die Wissenschaftlerinnen im "Personality and Social Psychology Bulletin" dar.

"Einer der meistzitierten Nutzen der Unterschiedlichkeit von Gruppenmitgliedern ist die Infusion neuer Ideen und Perspektiven", sagt Katie Liljenquist von der Brigham Yioung University. "Das ist zwar wahr, aber wir stellten fest, dass die reine Präsenz eines Neuen, der sozial deutlich anders ist, die Gruppendynamik aufmischen kann. Das führt zu Unbehaglichkeit in der Gruppe, aber auch zu einem Prozess, der letztlich zu besseren Resultaten führt."

In einem Experiment ließen die Forscherinnen in Versuchsgruppen, die ein kleines Problem lösen sollten, jeweils einen "Neuen" für etwa fünf Minuten am Gruppengespräch teilnehmen. Wenn der Neue oder die Neue nicht einfach nur jemand neu Hinzukommender war, sondern sich sozial deutlich von den anderen unterschied, wurde es wahrscheinlicher, dass die Gruppe ihre Aufgabe erfolgreich löste. Wichtig ist, so arbeiteten die Forscher heraus, dass der oder die Neue wirklich in mehrerer Hinsicht anders ist als der Rest der Gruppe. Er oder sie muss aber nicht sozial völlig unfähig sein.

Der oder die Neue könnte, so erläutern sie Forscherinnen, eine Gruppe etwa dadurch aufmischen, dass sie etwas sagen, was für ein Alt-Mitglied der Gruppe Hand und Fuß hat, so dass dieses Mitglied dem oder der Neuen zustimmt. Darauf wendet sich die Gruppe instinktiv gegen das "abtrünnige" Mitglied. Dieses muss nun plausibel machen, dass man nicht besonders merkwürdig gestrickt sein muss, um dem oder der Neuen in diesem einen Punkt beizupflichten. Dies wiederum führt dann dazu, dass die Gruppe einander entgegenstehende Meinungen intensiver durchdenkt und dadurch zu besseren Entscheidungen gelangt.

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Quelle: "Is the Pain Worth the Gain? The Advantages and Liabilities of Agreeing With Socially Distinct Newcomers", Katherine W. Phillips, Katie A. Liljenquist, Margaret A. Neale; Personality and Social Psychology Bulletin, März 2009; vol. 35: S. 336 - 350.


 

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