Ökonomie des Seitensprungs

Männer und Frauen berechnen durchaus die finanziellen und sozialen Kosten eines Seitensprungs - jedes Geschlecht auf seine Weise
Ein Seitensprung will wohlüberlegt sein. Besonders Frauen ziehen dabei mehrere Faktoren in Betracht.
Ein Seitensprung will wohlüberlegt sein. Besonders Frauen ziehen dabei mehrere Faktoren in Betracht.
© Doris Marszk
Durham (USA) - Wenn der Ehemann die 55 überschritten hat, kann die Ehefrau aufatmen. Der Ehemann hingegen kann sich schon entspannen, wenn die Ehefrau die 45 überschritten hat. Diese Altersangaben bezeichnen jeweils den Zenit des Fremdgehens bei den beiden Geschlechtern. Nach Überschreiten dieser Altersgrenzen wird es immer unwahrscheinlicher, dass das Ehegespons fremdgeht. Denn Seitensprünge passieren nicht einfach so, wie jetzt ein amerikanisches Forscherteam herausgefunden hat, sondern sie werden sehr wohl mit ihren Konsequenzen berechnet. Dabei ziehen vor allem die Frauen mehrere Faktoren in Betracht, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift "Kyklos".

"Die Menschen machen eine Kosten-Nutzen-Kalkulation, wenn sie eine außereheliche Affäre in Betracht ziehen", erklärt Bruce Elmslie von der University of New Hampshire. "Diese Kalkulation hat mit biologischen und sozioökonomischen Faktoren zu tun, aber Männer und Frauen berechnen die Kosten einer Affäre unterschiedlich."

Ein ganz wesentlicher Punkt ist für Frauen das gebärfähige Alter. Bis zur Menopause der Frau kann ein anderer Mann in Bezug auf seine Gen-Qualität und seinen sozialen Status interessanter sein als der eigene Mann. Bei Männern wird zwar die Spermienqualität ab etwa dem 45. Lebensjahr schlechter, jedoch bleiben Männer im Prinzip ihr Leben lang zeugungsfähig. Daher nimmt es nicht wunder, dass Männer mit einer sieben Prozent höheren Wahrscheinlichkeit fremdgehen und dies auch bis einem höheren Alter als die Frauen.

Frauen ziehen auch den Bildungs-, den Religions- und den Versorgungsaspekt in ihre Überlegungen mit ein. Frauen mit höherer Bildung, so ermittelten Emslie und sein Kollege Edinaldo Tebaldi in der Auswertung der Daten aus dem US-amerikanischen General Social Survey (GSS), betrügen ihre Ehemänner zu acht Prozent häufiger als Frauen aus der unteren Mittelschicht und der Unterschicht. Männer hingegen gehen in fast allen sozialen Schichten gleichermaßen fremd. Männer mit Hochschulbildung gehen sogar etwas seltener fremd als andere Männer. Die Forscher vermuten bei ihnen weniger Bedarf für den Seitensprung, weil Männer mit Bildung talentierter darin sind als Frauen, einen Ehepartner gleichen Niveaus zu finden.

Auch heutzutage spielt für Frauen der Versorgungsgedanke eine größere Rolle. "Wenn ein Ehepaar sich wegen einer außerehelichen Affäre scheiden lässt, dann wird eine Frau, die einen höher gebildeten Mann hatte, Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Überdies wird sie Schwierigkeiten haben, wieder einen gebildeten Partner zu bekommen. Männer dagegen ziehen solche Faktoren nicht in Betracht", sagen die beiden Forscher. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Religion. Religiosität hält fast keinen Mann vom Seitensprung ab. Religiöse Frauen hingegen gehen mit einer vier Prozent geringeren Wahrscheinlichkeit fremd als nicht-religiöse Frauen. Die ewige Verdammnis scheint Männer nicht zu kümmern - wohl aber das Gerede der Nachbarn. In ländlichen Gegenden betrügen Männer seltener ihre Frauen als die Männer in der Stadt es tun.

University of New Hampshire
Quelle: "So, What Did You Do Last Night? The Economics of Infidelity", Bruce Elmslie, Edinaldo Tebaldi; Kyklos, Volume 61 Issue 3, S. 391-410, DOI: 10.1111/j.1467-6435.2008.00408.x


 

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